Kommentar: „Vor 40 Jahren waren wir schon weiter“

Photovoltaik und Solarthermie können beide einen Beitrag zum Strombedarf der Energiewende leisten. PV direkt, Solarthermie in Form von Wärme, die den Strombedarf senkt.Foto: Petra Höglmeier
Solarkollektoren für Wärme und PV-Module für Strom.
In seinem Neujahrsgruß plädiert Detlef Koenemann, Herausgeber des Solarthermie-Jahrbuchs, dafür, bei einer auf Strom fokussierten Energiewende auch den steigenden Strombedarf mit seinen Konsequenzen zu bedenken.

Im vergangenen Jahr ging der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland im Großen und Ganzen recht zufriedenstellend voran. Zwar beklagte sich die Windenergiebranche über die schleppende Genehmigung neuer Standorte, aber für die Photovoltaik und die Solarthermie lief es besser als erwartet.

Herausragend war der Beschluss der Bundesregierung, die auf dem Meer installierte Windpark-Leistung bis 2030 zu verdoppeln und bis 2040 zu vervierfachen. Von solcher Großzügigkeit können diejenigen, die Wind- und Solarparks an Land errichten, nur träumen. Denn es fällt ihnen immer schwerer, Flächen zu finden. Auf dem Meer ist es einfacher.

Die Sonnenenergie steht uns unbegrenzt zur Verfügung, aber die verfügbaren Flächen sind begrenzt. Deshalb ist die Energiewende in industriell hochentwickelten und dicht besiedelten Nationen am schwierigsten. Wir würden schneller zum Ziel kommen, wenn wir unseren Strombedarf nicht ständig steigern würden. Leider geschieht dies seit einiger Zeit. Die Ansprüche an die Stromerzeugung aus Solar- und Windenergie werden immer weiter in die Höhe getrieben.

Einige träumen bereits von der All Electric Society, in der es keine dampfenden Schlote und keine töffelnden Autos mehr gibt, sondern nur noch Strom, Strom, Strom. Alle Fahrzeuge wären elektrisch angetrieben, alle Gebäude würden durch elektrische Wärmepumpen beheizt werden, und die gesamte Industrie würde nur noch Strom und Wasserstoff verbrauchen, der natürlich ebenfalls aus Ökostrom hergestellt werden müsste.

Strombedarf für Energiewende enorm

Dieser schöne Traum zerplatzt aber in dem Augenblick, wenn der dafür erforderliche Strombedarf ins Spiel kommt. Er würde sich mindestens verdreifachen. Diejenigen, die wissen, was das bedeutet, denken bereits über den zukünftigen Import von Öko-Wasserstoff nach. Denn angesichts dieser hohen Ansprüche wird ihnen bewusst, wie klein Deutschland ist.

Vor 40 Jahren waren wir schon weiter. In der Frühphase der Energiewende standen der Verzicht auf überzogene Ansprüche und der Verzicht auf Energie-Importe ganz oben auf der Agenda. Man wollte sich vorrangig auf die eigenen Ressourcen verlassen und nicht wieder von anderen Ländern abhängig sein. Weder von denen, die ihre Ressourcen plündern, noch von denen, die uns erpressen.

Mit der Nutzung der Sonnenenergie sind wir auf der sicheren Seite. Aber nur dann, wenn wir unsere Ansprüche in Bezug setzen zu dem, was tatsächlich vorhanden ist.

Lesen Sie auch den Kommentar von Detlef Koenemann „All electric society ist Illusion“, der 2020 eine rege Diskussion ausgelöst hat.

Im Bild das Titelbild vom Solarthermie-Jahrbuch SOLARE WÄRME 2023.

Diesen Beitrag hat das Redaktionsteam des Solarthermie-Jahrbuchs verfasst. Sie können das Solarthermie-Jahrbuch 2023 unter diesem Link bestellen.

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