Fraunhofer und Helmholtz: Tiefe Geothermie kann Wärmebedarf in Deutschland zu einem Viertel decken

Ausschnit aus dem Cover der Geothermie-Roadmap zeigt den Titelschriftzug und einen BohrerQuelle: Fraunhofer/Helmholtz, Screenshot: Solarserver
Die Tiefe Geothermie könnte zur Wärmewende insbesondere in Städten einen großen Beitrag leisten. Sie liefert witterungsunabhängig Energie und braucht wenig Fläche. Forschungsgesellschaften haben nun gemeinsam eine Roadmap vorgelegt, um diese Wärmequelle zu erschließen.

Die gemeinsame Roadmap von Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft und der Fraunhofer-Gesellschaft zeigt, dass Tiefe Geothermie den jährlichen deutschen Wärmebedarf zu über einem Viertel (über 300 TWh) decken könnte. Der Wärmesektor macht 56 Prozent des nationalen Energiebedarfs aus. Lediglich 15 Prozent der Wärme sind bisher regenerativ.

Schwerpunkt auf hydrothermaler Geothermie – auch in Kombination mit Wärmepumpen

Der Schwerpunkt der Roadmap liegt auf den hydrothermalen Geothermie-Reservoiren in 400 Metern bis 5 000 Metern Tiefe. Die Temperaturen reichen von 15 bis 180°C. Die hydrothermale Geothermie – kombiniert mit Großwärmepumpen – als Wärmequelle für Fernwärmenetze könnte nach den Abschätzungen der Roadmap rund ein Viertel des Gesamtwärmebedarfes Deutschlands decken. Das entspricht theoretisch rund 300 Terawattstunden Jahresarbeit bei 70 Gigawatt installierter Leistung. Zum Vergleich: 2020 lieferten bundesweit 42 Geothermie-Anlagen 359 Megawatt installierte Wärmeleistung und 45 Megawatt elektrische Leistung. In den letzten Jahren hat die Entwicklung allerdings an Fahrt aufgenommen. Es entstehen nun auch nach und nach Geothermie-Projekte außerhalb des Süddeutschen Molassebeckens.

Das Papier gibt Handlungsempfehlungen, um das anvisierte Potenzial zu erreichen. Die Roadmap identifiziert fünf Handlungsempfehlungen, um die Geothermie zeitnah für den Wärmemarkt in Deutschland auszubauen und den Wärmebedarf zu einem wachsenden Anteil zu decken.

Ausbauziele für Tiefe Geothermie müssen klar gesetzt sein

Parlamente und Gemeinderäte sollten klare Ausbauziele formulieren. Gesetzgebung und Satzungen sollen so gestaltet sein, dass sie diese flangieren– vom Bundesgesetz bis zur kommunalen Raumordnung.

Unternehmen und Kommunen brauchen einen Risikoausgleich

Im Wärmemarkt seien kleine und mittlere Unternehmen wie Stadtwerke aktiv, die wirtschaftliche Risiken wie die Exploration von Tiefer Geothermie nur begrenzt tragen könnten. Daher brauche es Finanzinstrumente zum interkommunalen Risikoausgleich. Das könnten staatliche Versicherungen oder revolvierende Fonds sein, die sich an Projekten finanziell beteiligen. Zudem sollten die Länder ein flächendeckendes geowissenschaftliches Erkundungsprogramm aufsetzen, um das Fündigkeitsrisiko für Kommunen und Unternehmen zu senken.

Investition in Schlüsseltechnologien stärken

Damit aus ein paar Dutzend tiefengeothermischen Anlagen in Deutschland Tausende werden, brauche es Investitionen in die Schlüsseltechnologien, um großindustrielle Maßstäbe zu erreichen. Die Schlüsseltechnologien benennen die Forscher:innen mit Bohrverfahren, Reservoirmanagement, Bohrlochwasserpumpen, Hochtemperatur-Wärmepumpen, Großwärmespeicher, transkommunale Verbundwärmenetze und sektorübergreifende Systemintegration.

Fachkräfte dringend benötigt

Die wachsende Geothermiebranche schafft regionale Arbeitsplätze in Technologieentwicklung, Planung und Produktion sowie bei Errichtung und Betrieb der Anlagen. Man könne von circa fünf bis zehn Vollzeitäquivalentstellen je Megawatt installierter Leistung ausgehen. Um Tausende Fachkräfte fort- und weiterzubilden, brauche es akademische Ausbildung und ergänzende Curricula zu den bestehenden Angeboten der Handwerks-, Industrie und Handelskammern.

Ohne Dialog geht es nicht

Die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen benötige gesellschaftliche Akzeptanz. Es sei daher erforderlich, mit Bürgerenergiemodellen, kommunalen Kommunikationsstrategien und transparenten Projekten alle lokalen Interessengruppen mit auf den Weg zur regionalen Wärmewende zu nehmen.

02.02.2022 | Quelle: Fraunhofer | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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