PV-Speicher: Effizienz ist entscheidend

Portrait des PV-Speicher-Experten Dr.-Ing. Johannes WenigerFoto: HTW Berlin
Dr.-Ing. Johannes Weniger von der Forschungsgruppe Solarspeicher der HTW Berlin betont bei PV-Speichern das Kriterium Effizienz.
Dr. Ing. Johannes Weniger hat mit der Forschungsgruppe Solarspeichersysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin in dieser Woche die aktuelle Stromspeicher-Inspektion 2022 vorgestellt. Die Forscher:innen verglichen dafür 21 Photovoltaik-Speichersysteme. Seit 5 Jahren betreut Weniger diese wissenschaftliche Bestandsaufnahme von Solar-Batteriesystemen. Solarthemen-Redakteur Guido Bröer sprach mit ihm über seine Erfahrungen.

Was hat sich in den 5 Jahren, seit Sie die Stromspeicherinspektion machen, am Markt der PV-Speicher verändert?

Die prägnanteste Veränderung ist das Marktvolumen. Mitte des letzten Jahrzehnts wurden gerade einmal 10.000 bis 20.000 Speichersysteme pro Jahr installiert. 2021 sind laut Marktstammdatenregister 130.000 Speichersysteme im Marktsegment bis 20 Kilowattstunden in Betrieb gegangen. In den 5 Jahren, seit wir mit der Stromspeicher-Inspektion begonnen haben, sind die Verkaufszahlen also mindestens um eine Größenordnung gewachsen.

Hat sich denn die Wirtschaftlichkeit der Speicher verbessert?

Die Kaufmotive sind sehr unterschiedlich. Es gibt eine zunehmende Kundengruppe, die ein Speichersystem als Lifestyle-Produkt versteht und gar nicht so genau nachrechnet, ob ein Speicher genau genommen wirtschaftlich ist oder nicht. Durch die Förderprogramme in Bundesländern oder Kommunen gibt es aber auch vielerorts Kaufanreize mit 30 bis 50 Prozent Förderung der Investitionskosten. Damit sieht die Wirtschaftlichkeit schon anders aus.

Wir sehen aber auch, dass mit Solaranlage und Speicher zwei Technologien zusammenwachsen, die zusammengehören. Beide sind ähnlich skalierbar, und beim Hochlaufen der Solaranteile im Energiesystem werden sie beide gebraucht und müssen sich parallel entwickeln.

PV-Speicher und Wirtschaftlichkeit

Im Übrigen ist die Wirtschaftlichkeit eines Speichersystems schwierig zu beurteilen. Man weiß ja nicht, wie sich der Strompreis entwickeln wird. Vor fünf Jahren schienen Strompreise von 40 Cent pro Kilowattstunde noch ziemlich unrealistisch, heute sieht das bei Neukundenverträgen schon anders aus. Da rechnet sich ein Speichersystem deutlich eher.

Mein Bauchgefühl sagt: Das Thema Kosten steht heute bei der Anschaffung von PV-Anlagen und Speichersystemen nicht mehr so sehr im Vordergrund. Weiche Faktoren scheinen mir zunehmend im Vordergrund zu stehen. Etwa das Bewusstsein, dass ich meine Wärmepumpe und mein E-Auto mit eigenem Solarstrom betreiben kann. Das scheint mir in vielen Fällen heute mehr zu zählen als die Nachkommastelle bei der Rendite.

Batteriespeicher steigern Aufnahmekapazität des Netzes für Solarstrom

Sind denn eigentlich diese kleinen Heimspeicher, die Leute sich heute für teures Geld in den Keller stellen, energiewirtschaftlich betrachtet wirklich eine sinnvolle Lösung für das Problem des Flexibilitätsmangels im Energiesystem?

Wir reden mittlerweile nicht mehr über 200 Gigawatt notwendigen PV-Zubau in Deutschland, sondern über 400 bis 500 Gigawatt bis Mitte der 40er Jahre. Unser Energiesystem wird extrem von Solarstrom geflutet sein. Die Speichersysteme, die ich heute installiere, werden also vermutlich auch noch in einer Welt aktiv sein, in der wir einen Solarstromanteil von 40 Prozent und mehr haben werden. Jede Photovoltaikanlage, die heute mit einem Speicher gebaut wird, trägt dazu bei, dass wir mehr Solarleistung ins Netz integriert bekommen. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass der Speicher dazu beiträgt, insbesondere zur Mittagszeit die Erzeugungsspitzen abzufangen. Wir sehen die Speicher als Fundament, um den Solarausbau schnell hochziehen zu können. Andernfalls würden wir schon bald an den Punkt kommen, ab dem jedes Kilowatt PV-Leistung, das wir zubauen, dazu beitrüge, dass der Strom zur Mittagszeit im Sommer nicht genutzt würde.

Mit den dezentralen Speichern können wir dieses Problem an der Wurzel beheben. Bevor wir die Erzeugungsspitzen ins Netz schieben, haben wir mit den Speichern die Möglichkeit, das Problem schon vor dem Hausanschluss abzufangen. Schon heute haben wir mit prognosebasiert arbeitenden Speichern in Süddeutschland, wo die Verbreitung von PV-Anlagen schon viel höher ist, eine Möglichkeit, den Solarstromanteil deutlich zu erhöhen.

Viele Photovoltaikspeicher werden nicht netzdienlich betrieben

Haben Sie denn eine Vorstellung davon, wie viele der heute betriebenen kleinen Speicher in der Praxis tatsächlich schon in dieser Weise prognosebasiert und netzdienlich gefahren werden?

Es gab ja im ausgelaufenen KfW-Speicher-Förderprogramm den Anreiz, Speichersysteme netzdienlich zu betreiben. Wir sehen heute solche Anreize noch in einigen Förderprogrammen von Bundesländern. Um dort Boni zu erhalten, muss vom Hersteller eine prognosebasierte Betriebsstrategie bestätigt werden. In der Praxis stellen wir allerdings fest, dass eine zum Beispiel auf 70 Prozent der PV-Leistung beschränkte Einspeiseleistung nicht unbedingt gewährleistet, dass ein PV-Speicher tatsächlich prognosebasiert betrieben wird. Das ist jedenfalls bei den typischen PV-Anlagengrößen um 10 kW zu beobachten, weil die Betreiber mit 70 Prozent Einspeisungsbegrenzung angesichts des Eigenverbrauchs gar nicht so große Verluste haben. Wir sehen deshalb, dass der Anteil der prognosebasiert betriebenen Speicher tatsächlich heute geringer ist als vor 2017. Ich kann Ihnen zwar keine genauen Zahlen nennen, gehe aber davon aus, dass nur etwa die Hälfte der Speicher prognosebasierte Betriebsstrategien hat. Wobei das noch nicht heißt, dass wirklich alle Anlagenbetreiber die technische Option aktiviert haben.

Kaum Anreize für netzdienlichen Betrieb

Wir hatten das Wirtschaftsministerium seinerzeit darauf hingewiesen, dass es nach dem Auslaufen der KfW-Förderung an Anreizen für einen netzdienlichen Betrieb der Speicher fehlt.

Würde sich das Problem nicht ganz schnell über die Verbreitung von Smartmetern und variable Stromtarife erledigen? Die Speicher sind doch schon heute alle „smart grid ready”, wie das so schön heißt.

Das ist durchaus unsere Hoffnung, dass das Thema über das Preissignal an Fahrt gewinnen wird. Wobei natürlich angesichts der Geschwindigkeit des Smartmeter-Roll-outs Fragezeichen aufkommen, über welchen Zeithorizont wir reden.

Kommen wir mal zu ihrer aktuellen Stromspeicher-Inspektion: Es ist auffällig, dass bei den 21 untersuchten Systemen einige große Hersteller nicht vertreten sind. Bildet Ihre Auswahl überhaupt den Markt realistisch ab?

Hersteller können sich an unserem Vergleich freiwillig beteiligen. Das Spektrum der teilnehmenden Hersteller war in der ersten Stromspeicher-Inspektion 2018 deutlich größer als in den darauffolgenden Untersuchungen. Denn nach dem ersten Vergleich wussten alle, wo sie stehen. Und das Interesse der Hersteller, sich an solch einen Vergleich zu beteiligen, steht und fällt bislang mit der Chance, die Ergebnisse im Marketing zu verwerten oder eben nicht.

Viele Anwender kaufen die Katze im Sack

Aktuell haben wir im Speichermarkt eine Situation – um das mal mit Solarmodulen zu vergleichen – als hätten wir für Solarmodule keine vergleichbaren Leistungsangaben für Module unter 320 Watt. Denn nur Hersteller gehen mit den Prüfergebnissen an die Öffentlichkeit, bei denen diese nicht deutlich von den Angaben im Datenblatt abweichen. Im Moment kaufen viele Anwender die Katze im Sack und stellen erst später fest, dass die Speicherkapazität doch deutlich unter derjenigen liegt, die im Datenblatt angegeben wird.

Wir bilden deshalb mit unserem Vergleich auf freiwilliger Basis nicht den gesamten Markt ab. Dennoch glauben wir, dass wir mit diesem Konzept eine ansehnliche Anzahl von Herstellern und einen gewissen Querschnitt darstellen. In diesem Jahr haben sich 14 Hersteller beteiligt, darunter mit BYD und Sonnen auch einige marktführende Unternehmen.

Wenn aber vor allem Systeme sich dem Vergleich stellen, die hohe Effizienzwerte erreichen, dann besteht doch Anlass zu der Annahme, dass die durchschnittliche Effizienz der am Markt verkauften Systeme deutlich geringer ist als das von Ihnen präsentierte Spektrum. Oder?

Wenn man die von uns untersuchten Systeme nach Marktanteilen der Hersteller gewichtet, sieht das Ergebnis tatsächlich anders aus. Außerdem haben wir Hersteller, die mit hohen Marktanteilen Niedervolt-Batteriesysteme mit 40 bis 60 Volt verbauen. Wenn da dann ein Batteriewechselrichter oder Hybridwechselrichter eingesetzt wird, entstehen natürlich höhere Verluste als bei den Hochvoltsystemen, die wir überwiegend in der Studie untersucht haben.

Stand-by-Verlust und Umwandlungsverlust bei Stromspeichern

Entscheidet die Höhe der tatsächlichen Umwandlungs- und Speicherverluste nicht am Ende sogar über Sinn und Unsinn der Speicherung von Solarstrom? Zumindest aus heutiger Sicht, wo das Netz noch fast jede erzeugte Kilowattstunde Solarstrom direkt aufnehmen könnte.

Da bin ich ganz bei Ihnen: Die Effizienz eines Speichersystems entscheidet über dessen Daseinsberechtigung. Das betrifft besonders auch die Stand-By-Verbräuche. In diesem Jahr hatten wir ein System im Vergleich dabei mit einem Stand-by-Verbrauch von 70 Watt. Wenn man das multipliziert mit der Anzahl von Stunden, in denen das System in den Wintermonaten mehr oder weniger komplett entladen ist, dann reden wir über einen Stand-by-Verbrauch von 140 bis 280 Kilowattstunden. Das kann im Vergleich zu dem vermiedenen Netzverbrauch, den so ein Speicher ermöglicht, den Nutzen um 10 bis 20 Prozent vermindern.

Da sind die Umwandlungsverluste bei Laden und Entladen noch gar nicht drin. Was oft vergessen wird: Wenn mein Speicher 10 Kilowattstunden speichern kann, aber mit einem Batteriewechselrichter kombiniert ist, der im Durchschnitt vielleicht nur 88 % Wirkungsgrad erreicht, dann sehe ich von den 10 Kilowattstunden nur 8,8 Kilowattstunden in meinem Hausnetz. Wenn ich im Gegensatz dazu einen Wechselrichter habe, der auch bei 1000 Watt Entladeleistung noch Wirkungsgrade von über 95 Prozent erreicht, dann kann ich natürlich sehr viel mehr Netzstrom ersetzen.

Thermische Verluste verringern Lebensdauer der Solarspeicher

Und noch ein ganz anderer Punkt: Schlechte Wirkungsgrade bedeuten ja hohe thermische Verluste im Wechselrichter. Hohe Temperaturen können dazu führen, dass die elektronischen Bauteile deutlich schneller altern. Auch deshalb sind hohe Wirkungsgrade vorteilhaft. Und das ist natürlich insbesondere auch ein Thema bei Herstellern, die die Leistungselektronik mit den Batterien in einem gemeinsamen Gehäuse unterbringen. Das kann auch dazu führen, dass hohe Temperaturen in den Wechselrichtern auch hohe Temperaturen in den Batteriezellen verursachen. Und auch die haben bei höheren Temperaturen eine schnellere kalendarische Alterung. Insofern ist das Thema Effizienz auch bei der Konstruktion der Systeme durchaus zu beachten.

Sie vergleichen ja in der Stromspeicher-Inspektion die Systeme nach dem sogenannten System Performance Index, dem SPI. Dazu simulieren Sie die Systeme zwei verschiedener Leistungsklassen mit jeweils einem dafür typischen Anwendungsfall. Ist ein nach SPI 5 kW getestetes PV-Speicher-System denn überhaupt mit einem SPI-10-kW-System vergleichbar?

Der Hintergrund ist der, dass wir vor 5 Jahren mit 5-kW-Systemen gestartet sind. Als dann aber immer mehr Systeme auf den Markt kamen, die DC-seitig in der Lage sind, 10-kW-PV-Anlagen anzukoppeln, ist dieser zweite Referenzfall entstanden. Deshalb haben wir zwei unterschiedliche Bewertungsklassen, die unterschiedliche Bewertungsergebnisse hervorbringen. Ab dem Jahr 2020 haben wir dann allerdings eine Effizienzklassifizierung eingeführt von A bis G. Die ermöglicht es, für beide Referenzfälle eine Effizienzklasse auszuweisen und Speicher, die für verschiedene Referenzfälle simuliert wurden, direkt zu vergleichen.

Spannung hilft der Effizienz im PV-Speicher

Dann fällt allerdings auf, dass die für 10 kW getesteten Systeme zumeist eine höhere Effizienzklasse erreichen.

Es liegt daran, dass wir bei den 10-kW-Geräten eine höhere Batteriespannung haben als bei den 5-kW-Geräten. Deshalb stehen die größeren Systeme einfach besser da.

Wie unabhängig sind Sie in Ihrer Arbeit von den Herstellern? Sie kaufen ja nicht, wie etwa die Stiftung Warentest, am Markt Geräte ein, die sie dann in Ihrem Auftrag von Prüfinstituten testen lassen, sondern die Tests werden von den Herstellern selbst beauftragt und bezahlt. Sie selber machen dann eigentlich nur die SPI-Simulation anhand der zugelieferten Testergebnisse.

Dadurch dass unser Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert ist, sind wir in der Lage, den Speichervergleich für die Hersteller kostenfrei anzubieten. Die Hersteller beauftragen unabhängige Prüfinstitute, die die Ergebnisse dann direkt an uns übergeben. Wir prüfen, wie plausibel die Labormessergebnisse sind und ob die Prüfvorgaben des Effizienzleitfadens für PV-Speichersysteme eingehalten wurden. Eigentlich sollte es für Hersteller eine Selbstverständlichkeit sein, dass man Systeme, die man verkauft, von einem unabhängigen Institut auf den Prüfstand stellen lässt. Die meisten tun das auch. Die Messergebnisse sind also vorhanden. Die Frage ist dann nur, ob sie in der Schublade verschwinden, oder ob sie öffentlich zur Verfügung gestellt werden.

VDE-Norm für Prüfung der PV-Speicher-Effizienz!

Müsste es nicht eigentlich mal einen zertifizierten Qualitätsstandard geben, der die Leistungsfähigkeit und Effizienz von Speichern für Verbraucher transparent macht? So wie zum Beispiel das Solar Keymark im Bereich Solarthermie. Ohne dieses Siegel sind Solarkollektoren in Deutschland und Europa heute quasi unverkäuflich.

Wir sehen jetzt erstmal die Aufgabe, den Effizienzleitfaden des Bundesverbandes Energiespeicher und des Bundesverbandes Solarwirtschaft in eine VDE-Norm zu überführen. Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr einen veröffentlichten Entwurf bekommen. Dann gäbe es zumindest mal eine Vornorm, auf die man sich berufen könnte. Damit wären diese Labortests für Effizienz und Speicherkapazität auch normativ standardisiert. Bislang sind wir leider noch nicht in der Situation, dass der Großteil der Hersteller mit diesen Daten an die Öffentlichkeit treten würde. Im deutschen Markt sind etwa 50 bis 60 Speicherhersteller aktiv – entsprechend viel Luft nach oben ist da bislang noch.

Haben Sie dafür Verständnis, weil der Markt einfach noch so jung ist? Oder muss man dieses Manko der Branche ankreiden?

Das Marketing ist zumeist dominant. Manche Hersteller geben zum Beispiel ihre Stand-by-Verluste auf dem Datenblatt offen an. Andere tun es nicht. Die lassen die Zahl lieber weg als einen hohen Wert zu nennen. Aber das Thema ist natürlich komplex. Bei den Prüfungen entsteht eine Vielzahl von Daten, die nicht alle ganz einfach zu interpretieren sind. Insofern kann ich auch verstehen, wenn man dieses komplexe Thema nicht unbedingt im Vertrieb in den Mittelpunkt stellt.

Die Studie zur Stromspeicher-Inspektion 2022 stellt die Forschungsgruppe Solarspeicher der HTW Berlin kostenlos im Internet zur Verfügung.
Die Ergebnisse sind in Kurzform auf dem Solarserver zu finden

29.3.2022 | Interview: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

Beliebte Artikel

Schließen