Stäubli: Kreuzverbau von Photovoltaik-Steckverbindern birgt Risiken

Zu sehen ist eine Photovoltaik-Montage. PV-Steckverbinder sollten nicht von unterschiedlichen Herstellern kombiniert werden.Foto: Stäubli
Bei den Verbindungen in PV-Anlagen sollten Installateure auf verbindliche Sicherheitsnachweise achten.
Stäubli, Hersteller von Photovoltaik-Steckverbindern, warnt vor dem Kreuzverbau von PV-Steckverbindern unterschiedlicher Hersteller. Kommt es zu Schäden, steht der Installateur in der Haftung.

Immer wieder treten laut Stäubli Schadensfälle in Photovoltaik-Anlagen auf, welche auf einen Kreuzverbau unterschiedlicher PV-Stecker-Marken zurückzuführen sind. Oftmals liegen Prüfberichte von Testinstituten über Prüfungen solcher Kombinationen der PV-Steckverbinder unterschiedlicher Hersteller vor, aufgrund derer fälschlicherweise eine Kompatibilität interpretiert wird. Hier gilt es zu unterscheiden zwischen Bauartzertifikaten und sogenannten Einzeltests sowie den Konsequenzen in technischer, aber auch rechtlicher Hinsicht.

Immer wieder beauftragt man Testinstitute, Kombinationen von PV-Steckverbindern unterschiedlicher Hersteller zu prüfen. Dies geschieht in sogenannten Einzeltests. Deshalb ist es gefährlich, daraus abzuleiten, dass man PV-Steckverbinder verschiedener Hersteller sicher kombinieren und in einer PV-Anlage sicher und langfristig betreiben kann.

Prüfnormen: Mindestanforderungen für die Sicherheit

Die derzeit bestehenden Prüfnormen für PV-Steckverbinder, wie IEC 62852:2014 + A1:2020 oder UL6703, hat man für Design und Prüfungen für Steckverbinder desselben Typs oder derselben Typenfamilie eines Herstellers erstellt. Diese Normen beziehen sich immer auf die Verbindung von Buchse und Stecker innerhalb einer Typenfamilie und nicht auf die jeweiligen Einzelteile eines Steckers.

Guido Volberg, Senior Consultant Product Regulatory Affairs bei Stäubli Renewable Energy erläutert: „Die genannten Prüfnormen umschreiben die Mindestanforderungen für die Sicherheit von PV-Steckverbindern, sofern diese unter dem gleichen Qualitätsmanagementsystem, denselben Produktionsprozessen und Fertigungstoleranzen sowie ausreichender Kenntnis der verwendeten Materialien und Technologien entwickelt und hergestellt wurden. Ebenso wird die Haftung im Falle eines Schadens berücksichtigt. Die heute bestehenden Normen sind somit nicht geeignet, um eine Aussage über die Sicherheit von Kombinationen von PV-Steckverbindern verschiedener Hersteller zu treffen.“

Dieser Sachverhalt gilt auch dann, wenn zwei Hersteller ihre Steckverbinder unter der Bedingung als kompatibel bezeichnen, dass sie sich gegenseitig über sicherheitsrelevante Änderungen am Produkt informieren. Bereits kleinste Änderungen können erhebliche Auswirkungen auf die Langzeitfunktion der Verbindung haben.

Schäden und Haftung

Kreuzverbindungen können zu verbrannten Steckern, Lichtbogenbildung und im Extremfall zu Bränden führen. Für diese häufigen Probleme und Schäden bei der Verwendung von Kombinationen unterschiedlicher PV-Steckverbinder gibt es verschiedene Ursachen.

Guido Volberg ergänzt: „Unter anderem können eine chemische Unverträglichkeit oder auch die unterschiedlichen Wärmeausdehnungsparameter des Metallkontakts nach einiger Zeit zu Kontaktkorrosion führen. Unter solchen Umständen sind nicht nur das Projekt und die PV-Anlage gefährdet, sondern auch Mensch und Natur. Es stellt sich dann die Frage, wer die Verantwortung für solche Schäden trägt. Die Hersteller von Steckern haften nicht, wenn sie das Zusammenstecken mit Fremdprodukten ausschließen. Die Realisierung eines PV-Systems nimmt der Installateur vor, weshalb er in den meisten Fällen verantwortlich gemacht wird.“

Das Bauart-Zertifikat für PV-Steckverbinder

Die geprüfte und zertifizierte Sicherheit sowie die Qualität einer Baureihe weist das international anerkannte Bauart-Zertifikat nach. Dieses stellt ein akkreditierten Zertifizierungsinstitut, ein sogenannten Notified Body, aus. Um ein solches Zertifikat zu erhalten, ist die erste Voraussetzung eine positive Bewertung über den Hersteller und dessen Produktion durch die Prüfstelle. Dabei überprüft das Institut den Produktionsprozess einschließlich des Umgangs mit den Rohstoffen im Wareneingang bis hin zum Versand der fertigen Produkte. Außerdem überprüft es auch das Qualitätsmanagement in all seinen Facetten.

Eine solch umfassende Prüfung wird in regelmäßigen Abständen wiederholt, um das Zertifikat halten zu können. Durch diese wiederkehrenden Prüfungen, die auch die Punkte der Erstprüfung umfassen, kann man eine gleichbleibende Qualität der Produkte sicherstellen. Diese Tests machen die Tester an umfangreichen Mustermengen, die in der Regel Sachverständige aus der Produktion entnehmen.

Der Prüfbericht über Einzelprüfung

Ein Prüfbericht aus einer Einzelprüfung ist kein Zertifikat. Im Gegensatz zu einer Bauart-Zertifizierung beschreibt dieser ausschließlich den Ist-Zustand des vorliegenden Musters ohne Berücksichtigung von Produktionsprozessen oder Qualitätsmanagement des Herstellers. Diesen Bericht kann irgendeine Partei ohne Vereinbarung in Auftrag geben.

Die einmalige Analyse führt man lediglich an einzelnen Mustern durch. Bei der Antragstellung entscheidet der Auftraggeber, was und wie man prüft. So ist es auch möglich, dass der Auftraggeber die Anforderungen festlegen kann, deren Erfüllung durch die Prüfung für die jeweiligen Einzelproduktmuster nachgewiesen werden soll. Auf der Grundlage dieser Berichte kann man niemals eine Aussage über die langfristige Sicherheit einer Produktkombination treffen und schon gar nicht über die einer Baureihe.

Mit dem Wissen, dass man auf der Grundlage eines solchen Berichts irreführende, wettbewerbsverzerrende und sogar gefährliche Aussagen machen kann, weist ein zuverlässiges Prüfinstitut mit einer klaren Aussage im Prüfergebnis auf diese Sachlage hin.

Zu sehen ist eine Gegenüberstellung Bauart-Zertifizierung und Einzelprüfung für PV-Stecker.
Gegenüberstellung Bauart-Zertifizierung und Einzelprüfung. Grafik: Stäubli

Wichtig zu wissen

Ein Prüfbericht zu einer Einzelprüfung ist nicht dasselbe wie ein Bauart-Zertifikat. Es ist laut Stäubli irreführend, daraus eine Kompatibilität abzuleiten. Aus der Gegenüberstellung der unterschiedlichen Vorgehensweisen und Grundlagen bei Bauart-Zertifizierungen und Einzelprüfungen ist erkennbar, dass die jeweiligen Resultate in Bezug auf die Haftung zu unterscheiden sind. Aufgrund eines Prüfberichts aus einer Einzelprüfung kann man keine Aussage über die Sicherheit von Produkten oder Produktfamilien machen. Er kann lediglich der Zustand des vorliegenden Musters zum Zeitpunkt der jeweiligen Einzelprüfung beurteilen. Im Schadensfall ist die Produkthaftung nicht geregelt, die Verantwortung liegt meist beim Installateur. Sowohl die Hersteller als auch das Prüfinstitut haben einen Haftungsausschluss vermerkt.

Die derzeit gültigen Produktsicherheitsnormen und Installationsnormen der IEC verbieten eine Kreuzverbindung. Das Heranziehen von Einzelprüfberichten zur Legitimierung von Kreuzverbau von PV-Steckverbindern verschiedener Hersteller kann zu hohen Risiken und Sicherheitsverlusten für Umwelt, Leib und Leben führen, aber auch einschneidende Folgen für Projekt- und Finanzerfolg haben.

Matthias Mack, Vice-President Renewable Energy bei Stäubli betont: „Die Zukunft der sicheren PV-Solarenergie mitzugestalten, ist für uns mehr denn je eine strategische Verpflichtung. Unsere Original MC4 PV-Steckverbinder verbinden weltweit über 465 GW PV-Leistung, rund 50 % der Gesamtkapazität. Umso wichtiger ist es für Stäubli, Verantwortung für Sicherheit und Zuverlässigkeit in dieser Branche zu übernehmen.“

1.4.2022 | Quelle: Stäubli | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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