BEW startet mit veränderter Betriebskosten-Förderung

Solarthermieanlage in Vordergrund, Fernwärme-Heizkraftwerk Bernburg im Hintergrund - Symbolbild für BEW-FörderungFoto: Guido Bröer
Mit dem Start der BEW-Förderung am 15. September sollen Solarthermie und andere erneuerbare Wärmeerzeuger eine größere Rolle für die Fernwärme spielen.
Mit Veröffentlichung der Richtlinie zur Bundesförderung effiziente Wärmenetze, der BEW, beendet das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) nun Spekulationen um die Höhe der angekündigten Betriebskostenzuschüsse für Großwärmepumpen und Solarthermieanlagen in der Fernwärme. Die BEW-Richtlinie gilt ab 15. September und bietet einige Neuerungen gegenüber früheren Entwürfen:

Die Bundesregierung hat darin während der langwierigen Verhandlungen mit der EU-Kommission an mehreren Stellen Abstriche von ihren ursprünglichen Förderplänen gemacht. Deutlich wird dies unter anderem an den Betriebskostenbeihilfen für Solarthermieanlagen. Vor einem Jahr hatte das Ministerium in einem Entwurf der BEW-Förderung noch 2 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) für in Wärmenetze eingespeiste Solarwärme in Aussicht gestellt. In der jetzt veröffentlichten BEW-Richtlinie ist dieser Zuschuss auf 1 Cent pro Kilowattstunde geschrumpft.

Jährliches Monitoring für BEW-Betriebskostenhilfen

Angesichts der massiv gestiegenen Kosten konkurrierender – zumeist fossiler – Energieträger ist diese Reduzierung der bis zu zehn Jahre lang gewährten laufenden Solarwärme-Zuschüsse freilich gut nachvollziehbar. Denn die EU-Kommission hat stets betont, dass sie Betriebskostenbeihilfen lediglich zum Ausgleich der Finanzierungslücke gegenüber fossiler Wärmeerzeugung akzeptieren wird. Dies stellt die BEW-Richtlinie nun dadurch sicher, dass die Betriebskostenhilfen jährlich aufgrund der vom Antragsteller vorzulegenden Daten bestimmt werden. Die Förderbehörde muss außerdem die Höhe der Förderung durch ein Monitoring jährlich überprüfen und gegebenenfalls für die Zukunft neu festlegen.

BEW-Richtlinie definiert neue Förderformel für Wärmepumpen

Noch relevanter scheint dies im Fall der Wärmepumpen zu sein. Für deren Betriebskostenhilfe nennt die BEW-Richtlinie keinen festen Betrag, sondern gibt eine Formel zur Berechnung der Zuschusshöhe vor. Maximal können nach dieser Formel 9,2 ct/kWh fließen. Allerdings nicht für die eingespeiste Wärmemenge, sondern bezogen auf die Kilowattstunden an Umgebungswärme oder Abwärme, die die Wärmepumpe veredelt. Der Wirkungsgrad der Wärmepumpe, der auch noch an anderer Stelle in die Formel eingeht, spielt also eine erhebliche Rolle für die Förderung.

Durch die Anhebung der Mindest-Jahresarbeitszahl förderfähiger Großwärmepumpen von 1,25 im Entwurf auf 2,5 in der geltenden Richtlinie hat das BMWK jedenfalls auf die Kritik reagiert, die BEW könnte unter dem Vorwand der Sektorenkopplung besonders ineffizient arbeitende Großwärmepumpen fördern. Ganz aus der Welt schafft das BMWK diesen Vorwurf freilich nicht. Denn nach wie vor ergeben sich für Wärmepumpen mit vergleichsweise schlechter Jahresarbeitszahl nominal höhere Centbeträge als für effizientere Wärmepumpensysteme. Weil die Förderung sich nun allerdings auf den Input an genutzter Umwelt- oder Abwärme bezieht, erhöht die neue Förderformel durchaus das Interesse der Großwärmepumpenbetreiber an effizienten Systemen.

Eine vereinfachte Förderformel gilt, wenn der Strom für die Wärmepumpe vor Ort aus erneuerbaren Energien erzeugt und nicht durch ein öffentliches Netz geleitet wird. Die Förderung fällt in diesem Fall zwar pro Kilowattstunde weniger hoch aus. Dennoch dürfte sie beispielsweise für Kombinationen aus Photovoltaik und Großwärmepumpe attraktiv sein. Zumal für die Vor-Ort-Erzeugung die ansonsten geltende Begrenzung der Betriebskostenförderung auf 90 Prozent der nachgewiesenen Stromkosten nicht gilt.

BEW-Investitionenszuschüsse: 40 Prozent

Doch die Betriebskostenzuschüsse, um die zwischen Berlin und Brüssel so lange gefeilscht wurde, sind eigentlich eher ein Nebenschauplatz der neuen BEW-Förderung. Für die Fernwärmebranche entscheidender ist, dass die BEW-Richtlinie nun ab dem 15. September endlich grünes Licht gibt für die 40-prozentigen Investitionskostenzuschüsse für Maßnahmen, die bestehende Netze schrittweise dekarbonisieren sollen. Außerdem fördert die BEW neue, zunächst mindestens zu 75 Prozent von fossilen Energien freie Wärmenetze. Ziel ist die vollständige Dekarbonisierung aller bestehenden und neuen Wärmenetze bis zum Jahr 2045. Um an die Förderung zu gelangen, müssen Betreiber bestehender Netze verbindliche Transformationspläne vorlegen. Neue Netze sind mit entsprechenden Machbarkeitsstudien vorzubereiten. Diese detaillierten Pläne und Studien bezuschusst die BEW mit jeweils bis zu 50 Prozent. Zuständig für die BEW ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa).

Aus Wärmenetze 4.0 wird BEW

Das Stufenmodell aus geförderter Machbarkeitsstudie und anschließendem Investitionszuschuss hat das Bafa bereit seit 2019 mit dem Förderprogramm Wärmenetze 4.0 erproben können. Dieses Programm zur Förderung für innovative Wärmenetze wird am 15. September von der BEW abgelöst. Die neue Richtline enthält Übergangsbestimmungen, wonach Machbarkeitsstudien aus dem Programm Wärmenetze 4.0 nun mithilfe der BEW-Förderung realisiert werden können. Zugleich kann das Bafa bis zu einem halben Jahr nach Inkrafttreten der BEW auf Antrag des Investors auch bereits erteilte Zuwendungsbescheide aus dem Programm Wärmenetze 4.0 – gegebenenfalls mit Modifikationen – in die BEW überführen.

Auch für Einzelmaßnahmen, deren Planung bereits weit fortgeschritten ist oder die Wärmenetzbetreiber aus anderen Gründen außerhalb eines Transformationsplans oder einer Machbarkeitsstudie realisieren wollen, bietet die BEW-Richtlinie eine Förderung an. Sie werden ebenfalls mit Investionskosten von bis zu 40 Prozent gefördert, sofern der Investor das Zielbild eines dekarbonisierten Wärmenetzes vorlegen kann.

Keine BEW-Förderung für Elektrokessel

Im Unterschied zum Vorgängerprogramm erlaubt die BEW nicht nur den Neubau und die Erweiterung von Netzen und Erzeugungsanlagen. Vielmehr sind die meisten Investitionen förderfähig, die dem Umbau auch großer Netze dienen. Ausdrücklich erwähnt sind auch saisonale Speicher, die besonders für hohe solare Deckungsgrade in Wärmenetzen eine Rolle spielen. Eine Ausnahme macht die BEW-Richtlinie hingegen bei Elektrokesseln. Direkt-elektrische Wärmeerzeuger sind aus dem ursprünglichen Förderkatalog verschwunden, da sie bereits ohne Förderung als wirtschaftlich gelten. Die Bundesregierung hätte sie ursprünglich gern gefördert, sofern sie nur im „Nutzen-statt-Abregeln”-Betrieb mit regenerativem Strom laufen.

BEW setzt Schranken für Biomasse in Wärmenetzen

Ebenfalls restriktiv behandelt die BEW-Richtlinie die feste Biomasse. Als tendenziell begrenzter Rohstoff sollen Holz und Halme in größeren Netzen nur begrenzt zum Einsatz kommen. Transformationspläne für Netze von 20 bis 50 Kilometer Länge dürfen im Endausbau 2045 nur einen Anteil von 25 Prozent für feste Biomasse vorsehen. Für noch größere Netze soll bei 15 Prozent Schluss sein. Geförderte Biomassekessel sollen in großen Fernwärmenetzen außerdem nur noch als Spitzenlastkessel zum Einsatz kommen. Für Netze von 20 bis 50 Kilometer Länge ist ihre Laufzeit auf 4000 Betriebsstunden pro Jahr begrenzt. Für noch größere Netze liegt das Limit bei 2500 Stunden. Im Bereich kleinerer Netze, insbesondere auch für Dorf-Wärmenetze im ländlichen Bereich, besteht für Biomasse keine Begrenzung – weder hinsichtlich der Laufzeiten noch der prozentualen Anteile an der Wärmemenge. Die BEW greift für Wärmenetze ab 16 Anschlüssen oder 100 Wohneinheiten. Kleinere Wärmenetze werden über die Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) gefördert

BEW-Zuschüsse bis 100 Mio. Euro

Die Höchstsumme bis zu der das BAFA Förderungen auch ohne Einzelgenehmigung aus Brüssel Zuschüsse zahlen darf, beträgt nun 100 Millionen Euro. Das BMWK hat somit in Brüssel eine Verdopplung gegenüber dem letztjährigen Entwurf erreicht. Für eine Fördersumme von 2,98 Milliarden Euro verteilt über sechs Jahre gab EU-Wettbewerbskommissarin Vestager am 2. August ihr OK. Im Bundeshaushalt 2023 hat die Bundesregierung die BEW-Förderung entsprechend mit Verpflichtungsermächtigungen im Klima- und Transformationsfonds (KTF) hinterlegt. Dabei sollen die Etats für Wärmenetze im Lauf der Jahre tendenziell ansteigen. Entscheiden wird darüber der Bundestag in den kommenden Monaten. Von Branchenverbänden wie BEE, AGFW und BDEW wird der bislang vorgesehene Etat für die BEW als zu gering kritisiert.

Beim Fernwärmeverband AGFW freut man sich, dass die BEW am 15. September endlich in Kraft treten wird. Die Branche warte schon viel zu lange auf das Förderprogramm, welches die Dekarbonisierung der Fernwärme deutlich voranbringen werde, erklärt der AGFW-Bereichsleiter für Erzeugung, Sektorkopplung und Speicher, Jens Kühne. Mit einer Bewertung der in der Richtlinie enthaltenen einzelnen Fördersätze tut sich Kühne allerdings schwer: „Die Förderhöhen und Formeln hinsichtlich Investitions- und Betriebsförderung für Großwärmepumpen und Solarthermieanlagen lassen sich aufgrund der momentan stark steigenden Energiepreise schwer einschätzen. Die Förderhöhe bildet die Grundlage für eine Investition, die erwartungsgemäß eine Lebensdauer von mehr als 15 Jahren haben wird. Da sind insbesondere die Zukunftsperspektiven der Energiemärkte dafür ausschlaggebend, inwiefern die Förderhöhen attraktiv sind oder nicht. Durch die derzeitigen ungewissen und unsicheren Prognosen für die Energiemärkte, ist eine Einschätzung momentan nicht möglich. Es gilt aber, jede Förderung ist besser als keine Förderung.“

24.8.2022 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

Beliebte Artikel

Schließen