Mehr grüner Wasserstoff in Deutschland benötigt

Deutschland und die Niederlande starten gemeinsam einen Förderaufruf für Grünen Wasserstoff und Grüne Chemie.Grafik: Alexander Limbach / stock.adobe.com
Auch die von der Bundesregierung angehobenen Ausbauziele für die Produktion von grünem Wasserstoff sind noch zu niedrig, besagt eine aktuelle Studie.

Schon vor 2030 wird in Deutschland mehr grüner Wasserstoff benötigt als bisher angenommen, auch wegen des teilweisen Ausfalls von Erdgas als Brückentechnologie. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie, die von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde, die wiederum zum Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) gehört. Die Studie empfiehlt, bereits in den kommenden Jahren deutlich größere Elektrolyse-Kapazitäten für „grünen“ Wasserstoff im Inland aufzubauen. Aktuell liegt das Ausbauziel laut Koalitionsvertrag bei einer Elektrolyse-Kapazität von 10 GW im Jahr 2030. Damit sollen sich jährlich rund eine Million Tonnen grüner Wasserstoff erzeugen lassen, sofern die Elektrolyseure mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden. Laut den Studienautoren André Küster-Simić und Janek Schönfeldt würden allein für die Umstellung der Stahlproduktion rund zwei Millionen Tonnen Wasserstoff benötigt. Küster-Simić ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hamburg School of Business Administration, Schönfeldt sein Mitarbeiter.

Mehr grüner Wasserstoff aus Deutschland braucht mehr erneuerbare Energien

Die Autoren gehen davon aus, dass Wasserstoff-Importe aus Drittländern zwar künftig eine große Rolle spielen werden, aber kurz- und mittelfristig nicht ausreichend zur Verfügung stehen, um den wachsenden Wasserstoffbedarf mehrere Industriebranchen zu decken. Die Knappheit und steigenden Preise beim Erdgas beschleunigen nun diese Entwicklung. Zudem geht die Studie davon aus, dass die Verfügbarkeit des per Schiff über lange Strecken importierten Wasserstoffs unsicher ist. Küster-Simić und Schönfeldt erwarten zudem, dass die Produktion von grünem Wasserstoff in Deutschland wirtschaftlich ist.

Dementsprechend müsse der Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung im Inland deutlich beschleunigt werden, betonen die Forscher. Dann böte sich für deutsche Hersteller von Elektroyse-Anlagen sowie weitere Anlagenbauer auch die Möglichkeit, sich über Referenzprojekte im Inland im internationalen Wettbewerb Vorteile zu verschaffen.

Um diese Entwicklung zu stützen, schlagen die Autoren folgende Maßnahmen vor:

  • Unternehmen bräuchten Unterstützung bei Investitionen, um auf wasserstoffbasierte Technologien umzusteigen. Hierfür gebe es erste geeignete Ansätze auf EU-Ebene.
  • Es müssten „grünen Leitmärkte“ etabliert werden. Das könne etwa durch eine verlässliche Zertifizierung klimafreundlicher Produkte und einem Vorrang für solche Produkte bei der öffentlichen Beschaffung geschehen.
  • Der inländische Markt müsse in der Übergangszeit vor billigeren, klimaschädlichen Importen geschützt werden. Die EU plane hierzu eine CO2-Abgabe auf Importe (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM). Die konkrete Ausgestaltung werde noch diskutiert wird.
  • Fokus auf Umstellung der Stahlindustrie in Deutschland auf grünen Wasserstoff

Fokus auf Umstellung der Stahlindustrie

Die Studie zeigt zudem mögliche Transformationspfade für die Stahlindustrie. Die Autoren halten diese für möglich, sehen jedoch auch die Gefahr des Verlustes von Wertschöpfung in Deutschland. Um diese zu erhalten, sei die ausreichende Versorgung mit Strom und Wasserstoff zu international wettbewerbsfähigen Preisen entscheidend.

Um die Stahlindustrie auf grünen Wasserstoff umzustellen, seien in den nächsten zehn Jahren viele Qualifizierungsmaßnahmen nötig. Zeitweise könne die Beschäftigungszahl in der Branche etwas steigen, da neue und alte Technologien parallel laufen müssten, zum Beispiel klassische Kokereien und die Direktreduktion von Eisen mit Wasserstoff. Danach rechnen die Autoren mit sinkendem Personalbedarf im Einklang mit der demografischen Entwicklung.

Die Forscher stützen ihre Untersuchung auf eine Literaturanalyse sowie Interviews mit 25 Fachleuten. Dabei handele es sich überwiegend um hochrangige Praktikerinnen und Praktiker aus Stahlindustrie und Energieanlagenbau sowie einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Dabei seien sowohl die Perspektiven des Managements als auch von Beschäftigten eingeflossen.

Zur Studie geht es hier.

In Form von Ammoniak soll Wasserstoff bereits ab 2026 über den Hamburger Hafen importiert werden. Grünes Ammoniak könnte vor allem für die Düngemittelbranche und für die Schifffahrt eine interessante Alternative zu fossilen Rohstoffen sein.

24.11.2022 | Quelle: Hans-Böckler-Stiftung| solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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