Photovoltaik netzdienlich im Eigenverbrauch

Luftaufnahme von zwei dörflichen Häusern mit PV-DachFoto: LEW/Jonas Ziegler
Das Projekt Flair will den Photovoltaikstrom unmittelbar nutzbar machen und so auch die Verteilnetze besser auslasten.
Mit einem Forschungsprojekt will die Hochschule München zusammen mit dem bayrischen Verteilnetzbetreiber LEW eine bessere gleichzeitige Erzeugung und Nutzung von Solarstrom erreichen. Das kann die Netze stabilisieren.

Mit einem Forschungsvorhaben untersucht die Hochschule München, wie sich Strom aus Photovoltaik noch besser für den Eigenverbrauch und die Stabilität der Netze nutzen lässt. Wie die HM mitteilte, geht es darum, die Energie zum exakten Zeitpunkt der Erzeugung auch zu verbrauchen. Und zwar in dem Projekt FLAIR²: FLexible Anlagen Intelligent Regeln. Das Vorhaben steht unter der Leitung von Prof. Dr. Stephanie Uhrig vom Institut für Nachhaltige Energiesysteme (ISES). Außerdem dabei: die HM-Projektmitarbeiterin Veronika Barta und Sonja Baumgartner vom Netzbetreiber LEW Verteilnetz.

„Die zunehmende regenerative Energieversorgung, etwa durch Photovoltaik auf dem eigenen Hausdach, sorgt für stark variierende Einspeisung“, erläutert Uhrig die Ausgangssituation der Forschung. Direkt genutzt wird der erzeugte Strom aber nicht unbedingt in den Zeiten der Erzeugungsspitzen. Das Ausregeln von Einspeisung und Verbrauch ist für Netzbetreiber sehr aufwendig. Bisher speichern etwa Pumpenspeicherkraftwerke ein Zuviel an Energie, was jedoch nicht ohne Energieverlust möglich sei.

Stromnetz besser auslasten

Demgegenüber stehen sogenannte flexible Lasten, deren Strombedarf sich variabel innerhalb bestimmter Zeitfenster decken lasse. Dazu zählen Wärmepumpen, Speicherheizungen, Ladepunkte für Elektromobilität und neuerdings auch Klimaanlagen. „Genau hier greift das Forschungsprojekts FLAIR²“, so Uhrig. „Damit können wir vor Ort auf die Herausforderungen von dezentralen Erzeugungsanlagen mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen und Wallboxen für E-Mobilität reagieren.“ 

Können Erzeugung und Verbrauch lokal überlagert werden, wird das bestehende Stromnetz besser genutzt. „Das ist für uns als Verteilnetzbetreiber ein wichtiger Aspekt bei der Transformation hin zu einem Energiesystem mit vielen dezentralen Stromerzeugern in der Fläche“, ergänzt Baumgartner, die das Projekt bei LEW Verteilnetz koordiniert.

Feldversuch in Stadt und Land

Herzstück des Konzepts sind Steuerboxen inklusive des intelligenten FLAIR²-Moduls. Im Rahmen eines Feldversuchs, der im Dezember 2021 startete, erhielten die Boxen ferner mehr als 70 Haushalte. Diese verteilen sich zudem auf das ländliche Gebiet von LEW Verteilnetz im Südwesten Bayerns sowie auf das städtisch geprägte Berliner Stromnetz. Um valide Messergebnisse für die Forschung zu erzielen, senden die Boxen minütlich Spannungs- und Strommesswerte pseudonymisiert an die Hochschule München.

Die Analyse der im Feldversuch bereits generierten Messdaten zeigt, dass sich die Netzsituation – das Verhältnis von Last zu Erzeugung – nicht nur zwischen Stadt und Land, sondern auch innerhalb eines Straßenzugs deutlich unterscheiden kann. „Darauf können wir mit dem FLAIR²-Modul situationsgerecht netzdienlich Einfluss nehmen und dabei vertraglich vereinbarte Freigabezeiten der Netzbetreiber sowie Mindestladezeiten der flexiblen Anlagen berücksichtigen“, erläutert Uhrig. Aus der Menge von Lastprofilen, die der Feldversuch liefert, lassen sich wesentliche Szenarien ableiten, in denen die FLAIR²-Steuerung bestehende Netzkapazitäten optimal auslastet.

Eigenverbrauch optimieren

Durch die lokale Messung am Haushalt werden individuelle Fahrpläne für die Verbrauchseinrichtungen des jeweiligen Haushalts von einem Algorithmus errechnet. „Das hat unterm Strich nicht nur Vorteile für den Netzbetreiber, sondern auch für die Verbraucher selbst“, betont Uhrig. Diese profitieren von den reduzierten Netzentgelten für regelbare Lasten und können mithilfe eines Home Energy Management Systems selbst entscheiden, welche Verbrauchseinrichtung gerade Priorität haben soll.

Das Forschungsprojekt FLAIR², dessen Laufzeit noch bis November 2023 angesetzt ist, realisiert damit drei Ziele: es vermeidet Energieengpässe, es mildert Leistungsspitzen ab und es macht das System insgesamt unempfindlicher. Vor allem in Zeiten der Energiekrise wird es damit zum wichtigen Baustein eines dezentral und regenerativ aufgestellten Energiesystems.

5.12.2022 | Quelle: HM | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH 

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