Achatech und Dechema untersuchen 22 nationale Wasserstoff-Strategien

Grüner Wasserstoff, erneuerbare Energien, weltweitGrafik: Mediaparts / stock.adobe.com
Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften acatech und die Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie haben eine Analyse der Wasserstoff-Strategien von 22 Ländern und Regionen aus dem Zeitraum von 2017 bis 2022 veröffentlicht.

Die Analyse ist Teil ihres gemeinsamen Projektes Wasserstoff-Kompass. Zukünftig soll die Analyse regelmäßig um weitere Wasserstoff-Strategien ergänzt und aktualisiert werden.

Grüner Wasserstoff dominiert die untersuchten Strategien

Ziel der untersuchten Strategiepapiere ist vor allem die Erzeugung von grünem Wasserstoff mit Elektrolyse und Ökostrom. Einige Strategien sehen blauen Wasserstoff als Übergangslösung. Dabei handelt es sich um konventionellen Wasserstoff aus fossilen Energieträgern, vor allem aus Erdgas. Das dabei entstehende Kohlendioxid (CO₂) abgeschieden und gespeichert oder genutzt wird. Alle untersuchten Papiere stammen aus der Zeit vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine.

„Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ist es nicht unwahrscheinlich, dass insbesondere europäische Länder ihre bisherige Haltung zu blauem Wasserstoff verändern“ sagt Jens Artz, Leiter des Projektes Wasserstoff-Kompass bei der Dechema. Er geht davon aus, dass nicht mehr Erdgas als bisher für die Wasserstofferzeugung verwendet wird. Deutschland plant eine Aktualisierung der eigenen Wasserstoffstrategie bis Ende des Jahres 2022.

Chile, Spanien, Portugal und Marokko wollen grünen Wasserstoff exportieren

Chile, Spanien, Portugal und Marokko wollen laut ihren Strategien grünen Wasserstoff exportieren. Sie haben günstige Stanortbedingungen sowie ein hohes Angebot erneuerbarer Energien.

Australien, Kanada und Norwegen geben an, dass sie auch Wasserstoff auf Basis fossiler Rohstoffe exportieren wollen. „Als Land, das auf Wasserstoffimporte angewiesen sein wird, tut Deutschland gut daran, früh die Entwicklungen in jenen Ländern genau zu beobachten, die jetzt schon den Export von grünem Wasserstoff avisieren“, rät Andrea Lübcke.

Einsatz von Wasserstoff: Industrie und Schwerlastverkehr ja, Pkw jain

Viele Länder streben die Nutzung von Wasserstoff in der Industrie in jenen Bereichen an, die bereits hohe Wasserstoff-Bedarfe sowie eine vorhandene Infrastruktur aufweisen. Hier nennen die Strategien vor allem die chemische Industrie und Raffinerien.

Den Einsatz von Wasserstoff oder Wasserstoff-Derivaten in der Wärmeerzeugung oder Energiewirtschaft sehen die Strategiepapiere zumeist mittel- bis langfristig vor.

Im Verkehrssektor streben die meisten Länder an, Wasserstoff kurz- bis mittelfristig im (Schwer-)Lastverkehr sowie in Flottenverbünden einzusetzen.

Im PKW-Bereich unterscheiden sich die Länderstrategien stark. China und Kalifornien haben eine dedizierte Strategie zum Hochlauf von Brennstoffzellenfahrzeugen veröffentlicht. Auch Japan, Südkorea, die USA, Kanada und Niederlande sehen einen frühzeitigen Einsatz von Wasserstoff im motorisierten Individualverkehr. Deutschland, Norwegen, Europäische Union, Frankreich, Chile, Spanien, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Marokko erwähnen Wasserstoff-PKW in ihren Strategien nicht.

Aufbau der Wasserstoffwirtschaft: Fördermittel, internationale Kooperationen, Infrastruktur

Was für den Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft zu tun ist, sehen die meisten nationalen Strategiepapiere ähnlich. 20 von 22 Strategien setzen auf staatliche Fördermittel, 18 von 22 auf den Aufbau von internationalen Kooperationen in Bezug auf Wissenschaft und Handel. Ein Großteil beschreibt die Notwendigkeit, Infrastrukturen aufzubauen und Erzeugungskosten zu senken. Auch setzen die meisten auf einheitliche Regulierung und Zertifikate.

Wasserstoff-Strategien aus Nordamerika, Westeuropa und Industriestaaten Ostasiens

Für die aktuelle Metaanalyse haben die Autor:innen die folgenden Wasserstoff-Strategien untersucht: China (2017), Japan (2017), Kalifornien (2018), Südkorea (2019), Australien (2019), Niederlande (2020), Deutschland (2020), Norwegen (2020), Europäische Union (2020), Portugal (2020), Frankreich (2020), Chile (2020), Spanien (2020), Italien (2020), USA (2020), Kanada (2020), Ungarn (2021), Polen (2021), Vereinigtes Königreich (2021), Russland (2021), Marokko (2021), Tschechien (2022).

Sie stammen alle aus der Zeit vor dem russischen Angriff auf die Ukraine. Chile und Australien sind die einzigen erfassten Länder auf der Südhalbkugel, Marokko das einzige erfasste Land in Afrika. Laut Acatech sollen noch weitere Länder dazukommen. Ein Kadidat könnte zum Beispiel Brasilien sein, das 2022 eine Wasserstoff-Strategie veröffentlicht hat.

Das Projekt Wasserstoff-Kompass startete im Juni 2021 und läuft für zwei Jahre. Es soll mit Metaanalysen und Dialogprozessen die Orientierung in der globalen Wasserstoff-Landschaft erleichtern. Anfang des Jahres stellten sie bereits Ergebnisse einer Branchenumfrage vor.

Die Ergebnisse könnten auch in eine neue politische Wasserstoff-Roadmap zurückfließen. Die Analyse der Wasserstoff-Strategien könne zudem helfen, Anwendungsgebiete zu priorisieren oder potenzielle Handelspartner zu finden. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Die Analyse zu den Wasserstoff-Strategien gibt es hier zum Download.

19.12.2022 | Quelle: acatech | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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