Energie-Mix in Deutschland 2022: Mehr Erneuerbare, weniger Verbrauch, mehr Emissionen

Grafik zeigt Primärenergie-Verbrauch in Deutschland 2022 in einem KreisdiagrammQuelle: AG Energiebilanzen, Grafik: BDEW
Der Primärenergie-Verbrauch in Deutschland ist 2022 deutlich gesunken.
Der Energieverbrauch war 2022 so gering wie noch nie seit der Wiedervereinigung, doch die Renaissance der Kohle ließ die Emissionen trotzdem steigen. Das zeigen die Zahlen der AG Energiebilanzen und des BDEW.

Zum Jahresende haben sowohl die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen als auch der Branchenverband BDEW ihre vorläufigen Statistiken zum Energie-Verbrauch und Strommix in Deutschland für das Jahr 2022 veröffentlicht. Der Energieverbrauch in Deutschland lag laut den vorläufigen Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen im Jahr 2022 bei 11.829 Petajoule (PJ) beziehungsweise 403,6 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE). Das entspricht einem Rückgang um 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das ist laut AG Energiebilanzen der niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung.

Die energiebedingten CO2-Emissionen sind laut AG Energiebilanzen um etwa 7 Millionen Tonnen (1 Prozent) gesunken, da der Einsparung ein vermehrter Einsatz CO2-intensiver Energieträger gegenüber steht. Die AG Energiebilanzen betrachtet im Gegenzug zu den weiter unten aufgeführten Zahlen des BDEW den gesamte Primärenergie-Einsatz, also auch die Sektoren Mobilität und Wärme.

Hohe Energiekosten und warmes Wetter lassen Primärenergie-Verbrauch sinken

Das Ursachengefüge für den reduzierten Energieverbrauch laut AG Energiebilanzen komplex. Die Konjunktur ging im Jahresverlauf zwar zurück, aber der Energieverbrauch der Wirtschaft sei dennoch gestiegen. Zudem stieg die Zahl der in Deutschland lebenden Menschen allein bis August um knapp eine Million. Auch das erhöhte den Energiebedarf. Im Gegenzug sorgten die hohen Energiepreise für Einsparungen sowohl durch sparsames Verhalten als auch durch mittel- bis langfristig wirksame Effizienzmaßnahmen. Einzelne Wirtschaftszweige hätten preisbedingt auch die Produktion reduziert.

Knapp ein Prozent des Gesamtrückgangs beim Energieverbrauch führt die AG Energiebilanzen auf die gegenüber 2021 wärmere Witterung zurück. Bereinigt um den Temperatureinfluss wäre der Energieverbrauch 2022 in Deutschland nur um 3,9 Prozent gesunken.

Primärenergie-Einsatz 2022: Weniger Erdgas und Kernenergie, aber mehr Öl und Kohle

Der Erdgasverbrauch sank um knapp 15 Prozent auf 2.814 PJ (96,0 Mio. t SKE). Das ist der niedrigste Stand seit 2014. Damit liegt sein Anteil am Primärenergieverbrauch bei 23,8 Prozent (Vorjahr: 26,6 Prozent). Die Ursachen sieht die AG Energiebilanzen in den hohen Preisen und der milden Witterung.

Der Verbrauch von Mineralöl lag bei 4.160 PJ (141,9  Mio. t SKE). Sein Anteil am Primärenergieverbrauch stieg somit auf 35,2 Prozent (Vorjahr 32,5 Prozent).

Besonders groß war der Anstieg beim Flugkraftstoff (43 Prozent mehr Absatz), gefolgt vom leichten Heizöl (14 Prozent mehr Absatz). Merklich gesunken ist die Lieferung von Rohbenzin an die chemische Industrie.

Der Verbrauch an Steinkohle stieg 2022 um knapp 5 Prozent und erreichte eine Höhe 1.161 PJ (39,6 Mio. t SKE). Dafür sorgten vor allem die Kraftwerke mit einem Plus von 16 Prozent. Als Treiber sieht die AG Energiebilanzen hier den Preisanstieg bei den übrigen Brennstoffen und die Wiederinbetriebnahme von Kohlekraftwerken. In der Eisen- und Stahlindustrie ging der Kohleverbrauch wegen der schwachen Konjunktur sogar zurück.

Auch die Braunkohle legte um rund 5 Prozent zu und zwar auf 1.185 PJ (40,4 Mio. t SKE). Sie hatte 2022 einen Anteil von 10 Prozent am Primärenergieverbrauch in Deutschland (Vorjahr: 9,1 Prozent). Eingesetzt wird sie zu 90 Prozent zur Stromerzeugung.

Die Kernenergie lieferte 2022 noch 3,2 Prozent der Primärenergie in Deutschland, im Vorjahr waren es noch 6,1 Prozent. Das lag einerseits an der Stillegung der Kernkraftwerke in Grohnde, Brokdorf und Gundremmingen. Zusätzlich reduzierten die verbliebenen drei Kraftwerksblöcke ab Oktober ihre Produktion, um den Weiterbetrieb bis zum 15. April 2023 zu ermöglichen.

Erneuerbare Energien liefern 17,2 Prozent der Primärenergie

Die erneuerbaren Energien steigerten ihren Beitrag zum Primärenergieverbrauch 2022 um 4,4 Prozent auf 2.034 PJ (69,4 Mio. t SKE). Der Anteil der Erneuerbaren am gesamten Primärenergieverbrauch erreichte 2022 einen Anteil von 17,2 (Vorjahr: 15,7) Prozent.

Biomasse macht hiervon mehr als die Hälfte aus. Sie legte beim Heizen als Ersatz für fossile Brennstoffe trotz der milden Witterung zu.

Um rund 13 Prozent gesunken ist der Beitrag der Wasserkraft, denn es fehlte an Wasser.  Die Stromerzeugung aus Windenergie legte hingegen um 12 Prozent zu, die Solarenergie sogar um 21 Prozent zu. Beide profitierten von einer außergewöhnlich günstigen Witterung. Im Jahr 2021 war die Wind- und Solarstrom-Ernte hingegen ungewöhnlich schlecht ausgefallen.

Deutschland bleibt Netto-Stromexport-Land

Im Jahr 2022 floss mehr Strom ins Ausland als umgekehrt nach Deutschland hinein. In Summe betrug der Stromaustauschsaldo minus 99 PJ (3,4 Mio. t SKE). Hauptgründe für diese Entwicklung sind Verschiebungen im europäischen Stromerzeugungsmix sowie die gestiegene Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland, so die AG Energiebilanzen.

BDEW: 2022 lieferten Erneuerbare Energien 47 Prozent des Stroms in Deutschland

Der Bundesverband der Elektrizitäts- und Wasserwirtschaft (BDEW) betrachtet in der Pressemitteilung zu seinem Jahresbericht zur Energieversorgung 2022 vor allem die Entwicklungen im Strommix.  Zum ausführlichen Jahresbericht geht es hier.

Der Zuwachs der erneuerbaren Energien ist dort besonders sichtbar. Ihr Beitrag zur Bruttostromerzeugung stieg von 40,5 auf 44,6 Prozent. Bezogen auf den Stromverbrauch stieg ihr Anteil von 42 auf 47 Prozent – so viel wie noch nie zuvor.

Der Anteil von Erdgas in der Stromerzeugung sank 2022 im Vergleich zum Vorjahr von 15,4 Prozent auf 13,5 Prozent. Gestiegen ist im Gegenzug der Anteil von Braun- und Steinkohle – und zwar von 28,3 Prozent auf 31,9 Prozent). Der BDEW begründet dies ähnlich wie die AG Energiebilanzen: Wiederinbetriebnahme von Kohlekraftwerken, geringerer Einsatz von Gaskraftwerken, reduzierte Leistung aus Kernenergie.

Unterm Strich kommt der BDEW in seiner Berechnung erstmals seit vielen Jahren zu leicht gestiegenen CO2-Emissionen in der Energiewirtschaft, nämlich 260 Millionen Tonnen im Jahr 2022.

Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass nach vorläufigen BDEW-Berechnungen die CO2-Emissionen der Energiewirtschaft erstmals seit vielen Jahren leicht gestiegen statt gesunken sind: 2022 wurden 260 Millionen Tonnen CO2 im Sektor Energiewirtschaft emittiert. Das Sektorziel von 257 Millionen Tonnen (45 Prozent Minderung gegenüber 1990) wurde somit gerissen.

20.12.2022 | Quelle: AG Energiebilanzen, BDEW | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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