IEA-Report zu Technologie-Perspektiven: Energie- und Industrie-Politik entscheidet über Standort

Grafik zeigt die geografische Konzentration der Wertschöpfung bei sauberen Energie-TechnologienGrafik: IEA
Von Alumium bis Wärmepumpe: China hat bei den allermeisten Rohstoffen und Technologien für die Energiewende den höchsten Marktanteil.
Der Bericht „Energy Technology Perspectives 2023“ der Internationalen Energie-Agentur IEA analysiert Märkte, Chancen und Risiken für Länder in Bezug auf erneuerbare Energie-Technologien.

Die IEA bezeichnet den Bericht als weltweit ersten globale Leitfaden für die sauberen Technologie-Industrien der Zukunft. Zu den untersuchten Komponenten gehören Photovoltaik-Module, Windturbinen, Batterien für Elektrofahrzeuge, Elektrolyseure für Wasserstoff und Wärmepumpen. Er betrachtet unter anderem die Wertschöpfungsketten, die Schwachpunkte in diesen Ketten, die den Abbau und die Herstellung von Rohmaterialien, Herstellungstechnologien, notwendige Infrastrukturen und die Auswirkung von Industrie- und Energie-Politik auf die Standort-Wahl.

Der komplette Bericht mit 459 Seiten steht kostenlos zum Download zur Verfügung. Zum Report geht es hier.

Weltmarkt für saubere Energie verdreifacht sich auf 650 Milliarden USD

Die IEA erstellt darin nicht nur eine ausführliche Bestandsaufnahme, sondern leitet auch wahrscheinliche Entwicklungen ab. Der Bericht geht davon aus, das der Weltmarkt für die wichtigsten in Massenproduktion hergestellten sauberen Energietechnologien bis 2030 einen Wert von rund 650 Milliarden USD pro Jahr haben wird. Das ist mehr als das Dreifache des heutigen Wertes. Die Zahl der Arbeitsplätze in diesem Umfeld würde sich von 6 auf 14 Millionen mehr als verdoppeln und dann weiter steigen. Voraussetzung ist, dass die Länder ihre Energie- und Klimazusagen vollständig umsetzen.

China dominiert die Mehrheit der Wertschöpfungstufen für saubere Energie-Technologie

Die IEA verweist zugleich auf die Risiken in den Versorgungsketten. Diese lägen in der hohen geografischen Konzentrationen. Diese macht die IEA nicht nur beim Abbau der Ressourcen aus, sondern auch bei deren Verarbeitung und in der Technologie-Herstellung. Jeweils mehr als 70 Prozent der Fertigungskapazität für Solarmodule, Windkraftanlagen, Batterien für Elektrofahrzeuge, Elektrolyseure und Wärmepumpen konzentrieren sich laut IEA auf nur drei Länder. China liege bei allen Technologien vorn.
Starke Konzentrationen gibt es auch beim Abbau kritischer Materialien. In der Demokratischen Republik Kongo würden mehr als 70 % des weltweiten benötigten Kobalts gefördert. Drei Länder – Australien, Chile und China – machen mehr als 90 % der weltweiten Lithiumproduktion aus.

Steigende Preise für Kobalt, Lithium und Nickel hätten zum ersten Anstieg der Preise für Elektroauto-Batterien überhaupt geführt – 2022 wurden diese laut IEA um 10 Prozent teurer. Auch die Preise für Windturbinen seien außerhalb Chinas nach Jahren des Rückgangs erstmals wieder gestiegen. Ähnliche Trends seien in der Photovoltaik zu sehen.

Fatih Birol: Diversifizieren und Kooperieren nötig für Energiewende

IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol betont einerseits das rasche Wachstum der Branche, sagt aber auch, dass es noch nicht ausreicht. „Wenn alles, was heute angekündigt wurde, gebaut wird, würden die Investitionen, die in die Herstellung von sauberen Energietechnologien fließen, zwei Drittel dessen ausmachen, was auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen benötigt wird“, so Birol. Er mahnt zudem, Lieferketten zu diversifizieren, für fairen Wettbewerb und ein gesundes Maß an Zusammenarbeit zu sorgen. Kein Land sei eine Energieinsel. „Die Energiewende wird kostspieliger und langsamer sein, wenn die Länder nicht zusammenarbeiten“, sagt Birol.

Energie- und Industrie-Politik der Länder ist Standortfaktor

Der Bericht untersucht auch die kombinierte Klima- Energie- und Industrie-Politik großer Volkswirtschaften. Wichtige Politikpakete sind dabei der Inflation Reduction Act in den Vereinigten Staaten, das Fit for 55-Paket und der REPowerEU-Plan in der Europäischen Union, Japans Green Transformation-Programm und das Production Linked Incentive-Programm in Indien. Letzteres fördert die Herstellung von Solaranlagen und Batterien. China arbeitete zudem daran, die Ziele seines jüngsten Fünfjahresplans zu erreichen beziehungsweise zu übertreffen.

Aus der Politik ergeben sich für die Länder Wettbewerbsvorteile bei der Ansiedlung von Fabriken, sofern die Projekte noch nicht zu weit fortgeschritten sind. Von den weltweit angekündigten Photovoltaik-Fabriken befänden sich bisher erst 25 % im Bau oder kurz davor. Bei Elektroauto-Batterien seien es etwa 35 %, bei Elektrolyseuren weniger als 10 %. Wo die übrigen Fabriken entstehen, hänge stark von Politik und Marktentwicklung ab. Da die Vorlaufzeiten mit ein bis drei Jahren meist kurz seien, könne sich die „Projektpipeline in einem innovationsfreundlichen Umfeld schnell erweitern“.

BEE: Europa braucht Antwort auf Inflation Reduction Act der USA

An diesem Punkt setzt hakt der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) mit einer Pressemitteilung ein.

Er sieht den IEA Bericht als Bestätigung dafür, dass der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren Energien, von Speichern und Sektorkopplungstechnologien über die Zukunft von Wirtschaftsstandorten entscheidet. „Europa braucht dringend eine Antwort auf den US-amerikanischen Inflation Reduction Act und den Boom der Klimatechnologien in den asiatischen Märkten. Das ist entscheidend für Resilienz und wirtschaftliche Prosperität“, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter.

„Das Wettrennen um Forschung, die effizientesten Technologien und kreativsten Lösungen, also um die Produktionsstandorte und Abnehmermärkte von morgen hat begonnen. Investitionen in Milliardenhöhe stehen laut IEA bevor“, so Peter. Wie groß der Anteil Europas und Deutschlands daran sein wird, hängt jetzt von politischen Weichenstellungen und dem Veränderungswillen von Politik, Gesellschaft, Industrie und Wirtschaft ab. Sie fordert einen starken Heimatmarkt für erneuerbare Technologien, um die Fertigung zu sichern und zu erweitern.

Auch ein Zusammenschluss von europäischen Photovoltaik-Unternehmen hatte kürzlich den Wiederaufbau der europäischen Photovoltaik-Industrie gefordert.

13.01.2023 | Quelle: IEA, BEE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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