Bündnis kritisiert geplante Drosselung für Wärmepumpen, Wallboxen & Co.

Ein Mann ladet sein E-Auto an seiner Wallbox in der Garage.Foto: RioPatuca /stock.adobe.com
Wallboxen dienen zum Laden des eigenen E-Mobils.
In einem offenen Brief kritisieren mehrere Branchenverbände und die Verbraucherzentrale die Pläne der Bundesnetzagentur zur Drosselung von flexiblen Verbrauchern.

Im Zuge der Energiewende werden Millionen Verbraucher:innen neue Wärmepumpen, Wallboxen für E-Autos, Klimaanlagen und Stromspeicher einbauen. Diese sollen so gesteuert werden, dass das vorhandene Stromangebot optimal genutzt wird und somit zu hohe Lastspitzen vermieden werden. Doch Wie genau diese Drosselung von Wallboxen und Wärmepumpen ablaufen könnte, sorgt für heiße Diskussionen.

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) plane, dass Netzbetreiber im Fall einer drohenden Netzüberlastung diese Geräte „einseitig und unbegrenzt“ drosseln dürfe, kritisiert ein Verbändebündnis aus Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne), Bundesverband Wärmepumpen (bwp), Verband der Automobilindustrie (VDA) und Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kritisiert in einem offenen Brief. Das geplante Vorgehen würde erhebliche Einschränkungen für die Verbraucher:innen mit sich bringen.

Die Unterzeichnenden fordern Obergrenzen für Notfall-Drosselungen sowie zusätzliche Maßnahmen, um eine Netzüberlastung präventiv zu vermeiden, zum Beispiel zeitvariable Stromtarife oder Flexibilitätsentgelte. Um das Problem aber bei der Wurzel zu packen und nicht nur Notfälle aufwendig zu verwalten, seien ein umfassender Ausbau und eine Digitalisierung der Stromnetze unter Einhaltung des Datenschutzes zwingend erforderlich.

Ramona Pop, Vorständin beim Verbraucherzentrale Bundesverband, sagt: „Notfallmaßnahmen sind richtig. Den Notfall zu verhindern aber auch. Zeitvariable und flexible Stromtarife sind die deutlich bessere Alternative zur Leistungsdrosselung. Die Energiewende wird nur gelingen, wenn die Verbraucher:innen sie auch annehmen.“ „Wenn das Laden zu Hause nur eingeschränkt möglich wäre, würden erhebliche Komforteinbußen drohen“, kritisiert Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Sie sieht darin eine Gefahr für das Verbrauchervertrauen.

Martin Sabel, Geschäftsführer beim Bundesverband Wärmepumpe e.V. (BWP) hat den Blick auf dem Flexibilitätspotenzial seiner Technologie: „Dass eine zeitweise Abschaltung bzw. Leistungsreduktion der Geräte ohne Komfortverluste funktionieren kann, zeigen die zahlreichen Wärmepumpenanlagen, die bereits heute dem Netzbetreiber die Wärmepumpe als Flexibilitätsoption zur Verfügung stellen. Dennoch muss diese Form der Steuerung planbar und weiterhin zeitlich begrenzt sein.“

Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (bne), sagt: „Anstatt die Leistung zu drosseln sollten die Netzbetreiber den Netzausbau vorantreiben und die gefährdeten Netzstränge vorrangig digitalisieren. In der Zwischenzeit ist die BNetzA am Zug, lokale Flexibilität zu ermöglichen, damit Probleme erst gar nicht entstehen. Paragraf 14c regelt über Marktmechanismen, wer z.B. bei dringendem Bedarf weiter versorgt wird. Über 14a werden dagegen alle gleichermaßen gedrosselt.“

Vorgesehene Drosselung sieht Mindestleistung für Wallboxen und Wärmepumpen sowie Begrenzung auf Notfälle vor

Tatsächlich liest sich das Konsultationspapier der Bundesnetzagentur in einigen Punkten anders, als die Stellungnahme der Verbände nahelegt. „Unbegrenzt“ ist die Drosselung lediglich insofern, dass keine konkrete Maximaldauer festgelegt ist. Sie darf aber nur so lange aufrechterhalten werden, wie zur „Abwendung der Gefahr“ erforderlich ist. Auch eine Mindestleistung (3,7 kW) pro Steuerbare Verbrauchseinrichtung ist festgelegt.

Den Netzausbau thematisiert das Papier der Bundesnetzagentur ebenfalls. Wenn in einem Netzstrang oder hinter einem Trafo bereits Abregelungen nötig waren und „mit weiteren Maßnahmen zu rechnen“ ist, muss der Netzbetreiber seine Ausbauplanung anpassen. Im Gegenzug soll es ein reduziertes Netzentgelt geben. Wer ein hausinternes Energiemanagement nutzt, soll die Leistung alternativ auch auf 5 kW am Netzanschlusspunkt reduzieren können.

Preise an der Strombörse bilden nicht die Netzsituation ab

Variable Stromtarife sind nicht Gegenstand des Konsultationspapiers. Allerdings sollen bis Mitte des Jahrzehnts alle Energieversorger verpflichtet werden, diese anzubieten.

Des Weiteren sind strommarktbasierte Tarife keinesfalls der Hebel für netzdienliches Laden, wie Pops Aussagen nahelegt. Wenn zum Beispiel nachts viel Wind und geringe Industrienachfrage den Strom billig machen, wird die Nachfrage vieler Elektroautos und Wärmepumpen gleichzeitig steigen. So kann in bestimmten Situationen und an bestimmten Orten gerade der billige Windstrom zu Netzüberlastungen führen, solange die Netzentgelte nicht ebenfalls variabel sind. Netzbetreiber fürchten, dass gerade diese Situation zu Überlastungen führen wird. Ein Preismodell, das auch die Netzsituation einbezieht, könnte theoretisch ein Ausweg sein – es liegt bisher aber nicht vor. Eine Grundlage für die marktliche Beschaffung von Flexibilität bietet der von Bosch genannte Paragraf 14 c des Energiewirtschaftsgesetzes.

Ein tatsächlicher Knackpunkt zwischen den beiden Seiten ist die Freiwilligkeit. Die Bundesnetzagentur sieht vor, dass automatisch alle steuerbaren Verbrauchseinrichtungen an dem Verfahren teilnehmen. Im Gegenzug sollen sie eine Vergünstigung der Netzentgelte erhalten. Die Branchenverbände wollen sich die Flexibilität bezahlen lassen. Die Kosten hierfür müssten dann an auf alle Netzkunden umgelegt werden. Auch Kosten für verstärkten Netzausbau müssten von allen Kunden getragen werden. Ein so weitgehender Netzausbau, dass flexible und leistungsstarke Verbraucher uneingeschränkt zu jeder Zeit betrieben werden können, wie von Müller fordert, ist nach Darstellung der Netzbetreiber nicht möglich. Zudem würde ein uneingeschränkter Betrieb bedeuten, dass der Flexibilitätsbeitrag eben nicht genutzt wird. Im Privaten setzen übrigens so gut wie alle Wallbox-Anbieter auf ein Lademanagement, das die Ladevorgänge bei Bedarf auch verschiebt, um mehr günstigen Solarstrom zu nutzen, wie zum Beispiel Keba.

28.2.2023 | Quelle: bne | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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