Forschung: Wärmepumpen im Geschosswohnungsbau voranbringen

Im Bild die Photovoltaik-Anlage in Karlsruhe-Durlach, die sich gut mit Wärmepumpen im Geschosswohnungsbau kombinieren lässt.Foto: Fraunhofer ISE
Ein Mehrfamiliengebäude in Karlsruhe-Durlach. Auf dem Dach wurde eine PV-Anlage mit 60 kW Leistung installiert.
Der Einsatz von Wärmepumpen im Geschosswohnungsbau ist noch eine Herausforderung. Im Verbundprojekt „LowEx im Bestand“ haben Forscher:innen Lösungen für den Einsatz von Wärmepumpen, Wärmeübergabe- und Lüftungssystemen in energetisch sanierten Mehrfamilienhäusern entwickelt.

Während Wärmepumpen in Ein- und Zweifamiliengebäuden im Neubau und im Bestand vermehrt eingesetzt werden, sind Wärmepumpen im Geschosswohnungsbau noch wenig verbreitet. „Die Herausforderungen liegen hier in der höheren erforderlichen Leistung des Wärmeerzeugers und der Lage der Gebäude in dicht bebauten Quartieren. Zudem erfolgen die Wärmeübergabe und die Trinkwasserbereitstellung in diesen Gebäuden häufig mit hohen Vorlauftemperaturen“, erläutert Jeannette Wapler vom Fraunhofer ISE.

Wärmepumpen bieten erhebliches Potenzial zur Absenkung der CO2-Emissionen, wenn man sie in sogenannten LowEx-Systemen einsetzt. Diese arbeiten durch geringe Temperaturdifferenzen zwischen Heizmedium und Nutzwärme besonders effizient. Daher haben Forscher:innen vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, vom Inatech der Universität Freiburg und dem Karlsruher Institut für Technologie im Verbundprojekt „LowEx im Bestand“ Lösungen für den Einsatz von Wärmepumpen, Wärmeübergabe- und Lüftungssystemen in energetisch sanierten Mehrfamilienhäusern (MFH) analysiert, entwickelt und demonstriert. Nun liegt der Abschlussbericht vor.

Neue LowEx-Technologien für Mehrfamiliengebäude

In fünf Teilprojekten entwickelte das Forschungsteam gemeinsam mit Industriepartnern neue LowEx-Komponenten und -systeme für Mehrfamilienhäuser. So wurde mit dem Heizungshersteller Viessmann ein Mehrquellen-Wärmepumpensystem entwickelt. In Innenstädten reicht häufig die Fläche für Erdsondenbohrungen nicht aus und die Wärmequelle Außenluft ist vergleichsweise ineffizient und weist höhere Schallemissionen auf. Das Mehrquellen-Wärmepumpensystem kombiniert die Vorteile der beiden Wärmequellen Außenluft und Erdreich, sodass nur eine reduzierte Bohrfläche benötigt wird und dennoch die hohe Effizienz einer Solewärmepumpe erzielt wird.

In weiteren Projekten hat man ein Hybridsystem, das heißt eine Wärmepumpe in Kombination mit einem fossil befeuerten Wärmeerzeuger entwickelt. Es enthält eine Wärmepumpe mit einem Kältemittelkreislauf auf Basis des natürlichen Kältemittels Propan, fassadenintegrierte Lüftungsgeräte sowie Hochtemperaturwärmepumpen.

Beispielhafte Sanierungsprojekte für Wärmepumpen im Geschosswohnungsbau

Die in den Technologieprojekten entwickelten Versorgungstechnologien wurden in drei beispielhaften Sanierungsprojekten eingesetzt, messtechnisch detailliert begleitet und bewertet. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysierten sowohl die Performance der demonstrierten LowEx-Systeme als auch den Sanierungsprozess an sich.

In Kooperation mit der KES Karlsruher Energieservice GmbH realisierte das Team ein komplexes Energieversorgungskonzept für fünf Bestands-MFH mit 160 Wohnungen in Karlsruhe-Durlach. Alle Dächer hat man mit Photovoltaik-Anlagen belegt. Zwei Gebäude erhalten eine Wärmeversorgung durch Wärmepumpen mit Spitzenlast-Gaskessel. Für eine CO2-arme Wärmeerzeugung müssen solche hybriden Systeme so ausgelegt werden, dass die Wärmepumpe einen möglichst hohen Deckungsgrad erreicht und der Gaskessel entsprechend selten arbeitet. In einem der Gebäude kommt das neu entwickelte Wärmepumpensystem mit kombinierter Wärmequelle aus Außenluft und Erdwärme zum Einsatz. Drei weitere Gebäude sind mit einem Nahwärmenetz verbunden, das von Erdgas-BHKW-Aggregaten versorgt wird. Den erzeugten Strom verwendet man unter anderem für den wirtschaftlichen Betrieb der dezentralen Wärmepumpen. Wärmepumpen, BHKW und PV-Anlagen sind miteinander verbunden. Ein Energiemanagementsystem steuert sie so, dass man die Wärmepumpen möglichst wirtschaftlich mit lokal erzeugtem Strom betreiben kann.

Erfreuliche Betriebsergebnisse

Im ersten Betriebshalbjahr erzielte das Mehrquellen-Wärmepumpensystem hohe Quelltemperaturen mit einem Mittelwert von 8 Grad Celsius. Dieses trug im ersten ausgewerteten Betriebshalbjahr (Februar bis Juli 2022) zu einer guten Jahresarbeitszahl von 3,2 bei. Dass der Spitzenlast-Gaskessel einen Anteil von 31 Prozent an der Wärmebereitstellung hatte, ist in erster Linie auf die hohen Temperaturanforderungen für hygienisches Trinkwarmwasser zurückzuführen. Insgesamt erzielt die Anlage eine Einsparung von CO2-Äquivalenten von 42 Prozent im Vergleich zum Projektstart. Gegenüber dem ungedämmten Erbauungszustand von 1963 entspricht dies sogar einer CO2-Reduktion um 73 Prozent. Ein optimierter Betrieb mit geringerem Gaseinsatz, eine höhere Arbeitszahl der Wärmepumpe oder eine geringere CO2-Intensität des Strommix können zukünftig die CO2-Emissionen weiter senken. Das modellhafte Energiekonzept kann man auf weitere Quartiere mit MFH-Bestandsgebäuden übertragen.

„Die Demonstratoren haben die Machbarkeit der Sanierung von MFH mit Wärmepumpen und LowEx-Technologien nachgewiesen. Wichtig ist, sich die jeweilige Situation, einschließlich der Übergabesysteme und des Platzes im Heizungskeller, anzuschauen. Bei der Sanierung sollte unbedingt ein hydraulischer Abgleich des Heizungssystems eingeplant werden und geprüft werden, ob mit dem Austausch einzelner Heizkörper die Vorlauftemperaturen weiter abgesenkt werden können“, sagt Manuel Lämmle, der das Projekt am Inatech betreut.

Weiteren Forschungsbedarf für Wärmepumpen im Geschosswohnungsbau sieht das Team etwa bei der Entwicklung von Lösungen für den Ersatz von Gasetagenheizungen, der Hochtemperatur-Bereitstellung und der Trinkwassererwärmung durch Wärmepumpen. Im neuen Projekt „LCR290“ will man daher Wärmepumpen mit dem umweltfreundlichen Kältemittel Propan für den Einsatz in MFH entwickeln.

Der Abschlussbericht des Projektes „LowEx im Bestand“ ist unter diesem Link zu finden.

8.3.2023 | Quelle: Fraunhofer ISE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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