GEG 2024: Mit Solarthermie zum 65-Prozent-Erneuerbar-Ziel

Vier Gebäude im Vordergrund aus der Vogelperspektive. Davon sind zwei mit einem roten Ziegeldach und zwei mit einem dunklen Dach. Diese sind teilweise mit Solarthermie-Anlagen bedeckt.Foto: Ludwig Stein Baulogistik / Sonnenhaus-Institut
Im oberbayerischen Dorf Echenzell errichtete die Ludwig Steil Baulogistik ein privates Nahwärmenetz mit hohem regenerativem Anteil. Die Gebäude mit dunklen Dächern tragen großflächige Solarthermie-Anlagen und versorgen zum Teil auch die Altbauten mit Wärme.
Das Gebäudeenergiegesetz 2024 (GEG 2024), das als Entwurf vorliegt, soll einen 65-prozentigen Anteil erneuerbarer Energie an der Wärmeversorgung vorschreiben. Dies gilt bei Neubauten und bei der Neuinstallation einer Heizung in einem Altbau. Möglich ist dies auch, wenn große Solaranlagen, insbesondere Solarthermie, zum Einsatz kommen.

Zwar war die Solarthermie auch in den früheren Entwürfen des GEG 2024 enthalten, doch mit dem jüngsten Entwurf zum GEG 2024 kann deren Bedeutung steigen. Diese Wärmetechnologie hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) in den Reigen der Techniken aufgenommen, die einzeln oder in Kombination zum Einsatz kommen können und ohne näheren Nachweis die gesetzlichen Anforderungen erfüllen.

„Sofern der Gebäudeeigentümer nicht einen Einzelnachweis über die 65-Prozent-EE-Vorgabe bei der neuen Heizung führt, kann der Eigentümer beim Neu-Einbau oder Ersatz-Einbau frei zwischen folgenden Erfüllungsmöglichkeiten wählen, sofern diese Erfüllungsoptionen einzeln oder in Kombination den vollständigen Wärmebedarf des Gebäudes decken“, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs zum GEG 2024. Und er nennt dann auch die Solarthermie.

Solarthermie kann 65 Prozent erneuerbar decken

Es ist klar, dass die Solarthermie bei entsprechender Größe allein schon auf einen mindestens 65-prozentigen Anteil kommen kann. Harald Drück, Solarexperte am Institut für Gebäudenergetik, Thermotechnik und Energiespeicherung der Universität Stuttgart, weist im Interview mit den Solarthemen auf das Sonnenhauskonzept hin: „Auch bei der Sanierung können wir gut mit dem Sonnenhauskonzept arbeiten. Das bedeutet bei einem Einfamilienhaus beispielsweise 50 Quadratmeter Kollektorfläche und vier bis sechs Kubikmeter Speichervolumen. Damit kommt man auf die 65 Prozent.“

Bei Bestandsgebäuden kann die Solarthermie so den größten Anteil des Wärmebedarfs durchaus decken. Den Rest der Energie könnte laut aktuellem Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz 2024 eine beliebige Wärmequelle aus den in Paragraf 71 aufgelisteten Technologien sein. Kommen sie zusammen auf 100 Prozent, so ist kein rechnerischer Nachweis erforderlich. Bei anderen Lösungen ist das erforderlich, wenn zum Beispiel im Altbau eine Gasheizung zunächst weiter verwendet werden soll. Das ist bis längstens Ende 2044 aus rechtlicher Sicht möglich.

Photovoltaik statt Solarthermie – kein Faktor im GEG 2024

Die Photovoltaik taucht im GEG 2024 nicht auf. Als Ersatzmaßnahme ist sie in der Gesetzesbegründung ausdrücklich ausgeschlossen. Auch beim Betrieb von Stromdirektheizungen oder Wärmepumpen ist sie nicht vorgesehen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass in den kommenden Jahren der Netzstrom zu immer höheren Anteilen aus erneuerbaren Energiequellen kommt. Unter dieser Annahme würden Elektroheizungen den 65-Prozent-Anteil dann quasi automatisch erfüllen.

Aber wäre es nicht möglich, Photovoltaik ebenso wie Solarthermie zu nutzen und aus dem Strom vom Dach einfach Wärme zu machen? Dafür wäre jedoch eine wesentlich größere Fläche erforderlich. Drück erklärt, sonst decke eine PV-Anlage höchstens den Haushalts-Strombedarf. „Für die Heizungsunterstützung ist die PV daher der schlechtere Ansatz, weil ich dafür nicht genug Strom übrig haben werde.“ Auch bei einer Kombination der Photovoltaik mit einer Wärmepumpe funktioniere das Sonnenhauskonzept nicht optimal, jedenfalls nicht in älteren Gebäuen.

Wohl auch aus diesem Grund ist die Photovoltaik keine Erfüllungsoption. Sie zählt aber auch nicht als Wärmequelle. Denn das sind bei strombasierten Konzepten die Wärmepumpe oder eine Stromdirektheizung. Diese können allerdings von PV-Anlagen den Strom beziehen.

Sonnenhaus im Gebäudeenergiegesetz 2024 nur mit großem Wärmespeicher

Der Kern des Sonnenhauskonzeptes sind hohe Anteile der Solarenergie an der Wärmeerzeugung. Und dafür sind meist größere teilsaisonale Wärmespeicher erforderlich. „Aber Wärme mit einer Wärmepumpe zu erzeugen, um sie zu speichern, ist fragwürdig, weil typische Wärmepumpen Wärme nur bis zu einer Temperatur von etwa 60 Grad Celsius effektiv bereitstellen können“, erklärt Drück: „Und wenn ich einen Speicher nur auf 60 Grad laden kann, dann brauche ich in Relation zu einer typischen Solarthermieanlage, die leicht auf Temperaturen von 90 und 95 Grad kommt, das doppelte Speichervolumen.“

Für einige Hauseigentümer:innen kann die Solarthermie mit dem GEG 2024 somit zu einer interessanten Option werden. Voraussetzung ist allerdings, dass sie Platz für einen großen Wärmespeicher finden – möglichst innerhalb des Gebäudes. Auch außerhalb ist es möglich, einen Speicher zu installieren, wenn er über eine sehr gute Isolierung verfügt. Eine Überlegung wert ist der Einsatz von einer großen Solarthermieanlage vor allem, wenn sowieso eine Dachsanierung ansteht. Solarthermische Kollektoren können Dachziegel ersetzen.

Klaus Lambrecht, Partner der Econsult Lambrecht Jungmann Partner in Rottenburg und Stuttgart, macht darauf aufmerksam, dass er in seinem vor fast 25 Jahren erbauten Solaraktivhaus auf einen gemessenen solaren Deckungsanteil von durchschnittlich 70 Prozent kommt. Die Solarthermie-Kollektorfläche ist 34 Quadratmeter groß und der Speicher umfasst 2 Kubikmeter. „Man schafft also die im GEG 2024 geforderten 65 Prozent EE auch mit kleineren Speichern“, sagt Lambrecht. Sein Haus, in dem er Wohnen und Arbeiten vereint, hat er allerdings auch auf die Solarnutzung hin optimiert.

Solar Keymark als Problem für Altanlagen?

Als Anforderung an Solarthermie-Anlagen definiert der vorliegende Entwurf des GEG 2024 das Solar Keymark. Die Kollektoren oder das System müssen mit diesem europäischen Prüfzeichen zertifiziert sein, solange und soweit die Verwendung einer speziellen CE-Kennzeichnung nicht zwingend vorgeschrieben ist.

Diese Regelung könnte jedoch für ältere Sonnenhäuser oder auch Hauseigentümer:innen zum Problem werden, die ihre ältere Solarthermie-Anlage in ein Energiekonzept einbringen wollen, um den 65-Prozent-EE-Anteil zu erreichen. Denn viele der schon installierten Anlagen haben kein gültiges Solar Keymark. Entweder wurden sie bereits installiert, als es das 2003 eingeführte Zertifikat noch gar nicht gab. Oder das Zertifikat für ältere Kollektortypen ist erloschen, weil die Hersteller es nicht verlängert haben. Dies ist bislang freilich ein eher redaktioneller Fehler im Gesetzentwurf der leicht behoben werden könnte. So könnte der Gesetzgeber in Paragraf 71e des GEG 2024 einen Satz ergänzen, dass das Solar Keymark nur bei Installation einer neuen Solarthermie-Anlage vorliegen muss.

Solarthermie entlastet Stromnetze

Der Einsatz von größeren Solarthermie-Anlagen im Rahmen der Sonnenhaus- oder ähnlicher Konzepte könnte dabei auch einen Vorteil für das Gesamtenergiesystem bringen. Da Biomasseheizungen bestenfalls als nachrangige Option zum Einsatz kommen sollen, müssten mit dem massiven Ausbau von Wärmepumpen auch die Stromnetze kräftig ertüchtigt werden. „Meiner Meinung nach ist ein ganz entscheidender Vorteil der Solarthermie gerade jetzt, dass die Technologie verfügbar ist“, betont Drück: „Man kann sie sofort in größerem Maßstab einsetzen. Denn im Gegensatz zum Einsatz von Wärmepumpen wird für Solarthermie keine zusätzliche Infrastruktur wie stärkere Stromnetze und Kraftwerke benötigt.“

16.4.2023 (aktualisiert 23.4.) | Autor: Andreas Witt
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