Studie: Herstellung von Biokraftstoffen durch CO2-Bepreisung regulieren

Im Bild ein Rapsfeld mit Kanister als Symbol für die CO2-Bepreisung von Emissionen aus Landnutzungsänderungen zur Herstellung der Biokraftstoffe.Foto: Foto_tech / stock.adobe.com
Die CO2-Emissionen bei der Herstellung von Biokraftstoffen könnten durch die großflächige Rodung von Wäldern für den Anbau der Biomasse höher liegen als die aus der Verbrennung von Diesel. Eine CO2-Bepreisung von Landnutzungsänderungen würde zu vertretbaren Emissionen führen.

Die Nachfrage nach modernen Biokraftstoffen wird künftig voraussichtlich erheblich steigen, denn Bioenergie gilt als klimaneutrale Alternative zu Benzin und Diesel. Eine neue Studie vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung zeigt jedoch, dass unter derzeitiger Landnutzungspolitik die CO2-Emissionen durch die großflächige Rodung von Wäldern für den Anbau von Biomasse sogar höher liegen können als die aus der Verbrennung von Diesel. Damit Biokraftstoffe einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten kann, müssen internationale Vereinbarungen den effektiven Schutz von Wäldern und natürlicher Flächen durch eine CO2-Bepreisung sicherstellen, argumentiert das Expertenteam vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

„Unsere Ergebnisse zeigen: CO2-Emissionen aus Landnutzungsänderungen durch die Ausweitung von Fläche für die Produktion von Biomasse lassen sich auf globaler Ebene mit derzeitigen Regulierungen nicht kontrollieren“, sagt PIK-Mitarbeiter Leon Merfort, Leitautor der Studie. „Wird der Anbau von Bioenergiegräsern nicht strikt auf marginales oder brachliegendes Land beschränkt, könnte sich die Nahrungsmittelproduktion verlagern und landwirtschaftliche Flächen könnten sich zu Lasten natürlicher Flächen ausweiten. Dies würde zu erheblichen CO2-Emissionen führen, wenn in Regionen Wälder abgeholzt werden, wo die Landnutzung nur schwach oder gar nicht reguliert wird.“

Regulierungslücke im Landnutzungssektor

Diese indirekten Auswirkungen der Bioenergienutzung sind eine Herausforderung für die Politik, denn Märkte für Lebensmittel und Bioenergie sind zwar global vernetzt, man kann sie aber durch nationale Gesetzgebung nicht einhegen. Hinzu kommt laut Studie: Die Regulierungslücke im Landnutzungssektor führt dazu, dass man Bioenergie billig anbieten kann. Gleichzeitig muss der Energiesektor noch schneller aus den fossilen Brennstoffen aussteigen, um die zusätzlichen Emissionen aus Landnutzungsänderungen zu kompensieren. Das erhöht wiederum die Nachfrage nach Bioenergie.

Um die Auswirkungen von Landnutzungsänderungen durch Bioenergie zu untersuchen, haben die Forscher:innen Energie- und Landsystemmodelle miteinander gekoppelt. So konnten sie alternative Transformationsszenarien ableiten, die mit dem Pariser Klimaziel einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 °C vereinbar sind. Anschließend haben sie unterschiedliche Szenarien zur Landnutzungs- und Energiepolitik mit den Computermodellen durchgespielt, um deren Wirkung auf die CO2-Emissionen aus Landnutzungsänderungen und die Bioenergiemärkte auszuloten. Zusätzlich haben sie jeweils ein korrespondierendes Szenario ohne Bioenergie und folglich geringeren Emissionen aus Landnutzungsänderungen berechnet. Damit konnten die Forschenden die Emissionen aus Landnutzungsänderungen der Bioenergieerzeugung unter verschiedensten politischen Rahmenbedingungen zuschreiben. Mit diesem Ansatz kann man sowohl die direkten Effekte aus dem Anbau von Bioenergie erfassen, als auch die indirekten Effekte aus der Verlagerung der Nahrungsmittelproduktion.

Einstieg in die CO2-Bepreisung auf Landnutzungsänderungen zur Herstellung der Biokraftstoffe nötig

„Unsere Arbeit zeigt: Ohne zusätzliche Landnutzungspolitik können die Emissionen aus Rodung für die Produktion moderner Biokraftstoffe über einen Zeitraum von 30 Jahren sogar höher liegen als bei der Verbrennung von fossilem Diesel“, sagt Ko-Autor Florian Humpenöder. Diese Ergebnisse unterstreichten die Notwendigkeit eines neuen politischen Ansatzes für das Landnutzungsmanagement. „Ein globales und umfassendes System zum Management von Landnutzung und der Bepreisung von Emissionen ist unseren Berechnungen zufolge der effektivste Weg, um hohe Emissionen aus Landnutzungsänderungen im Zusammenhang mit der Produktion von Energiepflanzen zu vermeiden“.

CO2-Bepreisung wirksamer als Schutzsysteme

„Der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe erzeugt eine Bioenergienachfrage im Wert mehrerer hundert Milliarden Dollar bis zur Mitte des Jahrhunderts“, sagt Ko-Autor Nico Bauer. „Der Agrarsektor wird versuchen, diese neuen Chancen zu nutzen. Eine Ausweitung der gesamten Landwirtschaft in ertragreiche Gebiete kann jedoch enorme Emissionen verursachen. Allein durch die Verringerung der Nachfrage nach Bioenergie würde dieses Problem nicht gelöst. Auf der Angebotsseite reicht überraschenderweise der Schutz von 90 % aller globalen Waldflächen nicht aus, da die verbleibenden 10 % immer noch ein zu großes Schlupfloch bieten.“

Entscheidend ist nicht so sehr das Preisniveau selbst, sondern die möglichst vollständige Abdeckung aller Wälder und anderer natürlicher Flächen. Schon eine Bepreisung aller Emissionen aus Landnutzungsänderungen mit nur 20 % des CO2-Preises im Energiesystem wäre wirksamer als ein Schutzsystem, das 90 % aller Wälder weltweit abdeckt. Der Schutz des in bestehenden Wäldern gespeicherten Kohlenstoffs sollte deshalb weit oben auf der internationalen politischen Agenda stehen, da der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe voranschreitet aber gleichzeitig die Regulierung im Landnutzungssektor hinterherhinkt. Bauer: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Bioenergie mit vertretbaren Emissionen erzeugt werden könnte. Wenn aber die Regulierungslücke so weit offen bleibt, wird Bioenergie nicht Teil der Lösung auf dem Weg zur Klimaneutralität sein, sondern Teil des Problems.“

27.6.2023 | Quelle: PIK | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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