Meyer Burger steigert Umsatz und Verlust im 1. Halbjahr 2023

Im Bild die Fertigung von Solarzellen bei Meyer Burger, das Unternehmen geht nun auf Markt in Australien.Foto: Meyer Burger
Fertigung von Solarzellen bei Meyer Burger.
Trotz gestiegenen Umsätzen ist beim Solarproduzenten Meyer Burger im ersten Halbjahr 2023 auch der Verlust in die Höhe geschnellt. Grund seien die Dumpingpreise chinesischer Hersteller. Das Unternehmen wendet sich wegen fehlender europäischer Unterstützung deshalb verstärkt den USA zu.

Der Schweizer Solarkonzern Meyer Burger weist für das erste Halbjahr 2023 sowohl beim Umsatz als auch beim Verlust höhere Werte als im Vergleichszeitraum des Vorjahres aus. Wie das Unternehmen mitteilte, habe es Solarmodule im Umfang von 302 Megawatt (MW) produziert. Damit habe das Unternehmen nahezu die Gesamtleistung des Vorjahres bereits in den ersten sechs Monaten erreicht. Insgesamt erzielte Meyer Burger in der Berichtsperiode einen Umsatz von 96,9 Millionen Schweizer Franken (CHF), 70,8 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode, davon CHF 93 Millionen aus dem Vertrieb von 207 MW an Solarmodulen.

Auch im Bereich Forschung und Entwicklung machte Meyer Burger wichtige Fortschritte. Die geplante neue Glas-Glas-Modultechnologie verbessert die Leistung und Langlebigkeit der Module. Darüber hinaus schreitet die Entwicklung von Modulen und Solardachziegeln auf Basis der Heterojunction-IBC-Technologie mit dem Ziel eines Modulwirkungsgrads von über 24 Prozent voran.

Meyer Burger leidet unter chinesischen Kampfpreisen

Wie alle europäischen Hersteller stand Meyer Burger im ersten Halbjahr unter dem Einfluss der Angebotspolitik chinesischer Anbieter. Diese fluteten den europäischen Markt im ersten Halbjahr mit in Summe 85 GW an Solarmodulen, die sie zu Preisen weit unter Herstellkosten anböten. Meyer Burger war im zweiten Quartal gezwungen, die Preise ebenfalls relativ zum Preisniveau zu senken und seinen Kunden vertraglich vereinbarte Gutschriften aus Bestandsschutzklauseln zu leisten. Zusätzlich waren Wertminderungen von Solarmodul-Lagerbeständen notwendig. Daraus resultierten insgesamt Sondereffekte in Höhe von circa CHF -13,0 Millionen.

Mit der Inbetriebnahme zusätzlicher Produktionslinien erhöhten sich die Personalkosten auf CHF 47,2 Millionen (H1 2022: CHF 33,2 Millionen), während die operativen Kosten auf CHF 31,2 Millionen (H1 2022: CHF 16,7 Millionen) stiegen. In Kombination führten diese Effekte zu einem Betriebsverlust auf Stufe EBITDA von CHF -43,3 Millionen (H1 2022: CHF -24,4 Millionen). Die Abschreibungen auf Sachanlagen erhöhten sich auf Basis der Expansion auf CHF 12,8 Millionen (H1 2022: CHF 8,2 Millionen), was zu einem EBIT von CHF -56,1 Millionen (H1 2022: CHF -32,7 Millionen) führte.

Das Finanzergebnis, vor allem Zinskosten, blieb mit CHF -8,1 Millionen im Rahmen des Vorjahres. Insgesamt resultierte deshalb ein Nettoverlust von CHF -64,8 Millionen im Vergleich zu einem Verlust im Vorjahr von CHF -41,0 Millionen. Zum Stichtag 30. Juni 2023 verfügte Meyer Burger über liquide Mittel von rund CHF 370 Millionen, bei einer soliden Eigenkapitalquote von 45,9 Prozent.

Gute Margen im USA-Geschäft erwartet

Mit dem am 24. Juli 2023 angekündigten Aufbau einer vollständigen Solarzellen- und -modulproduktion in den USA ist Meyer Burger berechtigt, die Vorteile des Advanced Manufacturing Tax Credit 45X Systems, das Teil des U.S. Inflation Reduction Act (IRA) ist, zu nutzen. Dies entspricht einer kumulierten förderfähigen Summe von bis zu CHF 1,4 Milliarden vom Produktionsstart Mitte 2024 bis Ende 2032.

Auf Basis der bereits unterzeichneten, verbindlichen Abnahmeverträge in den USA von insgesamt mehr als 5 GW bis 2029, in denen das Waferpreisrisiko von den Kunden getragen wird, die Verkaufspreise über die Vertragslaufzeit fixiert sind und die Erreichbarkeit der Kostenstruktur bereits in der laufenden Produktion in Deutschland nachgewiesen wurde, geht Meyer Burger nach Abschluss des Fertigungshochlaufs (erwartet ab 2025) von erreichbaren EBITDA-Margen von 25 Prozent und mehr für das USA-Geschäft aus. Meyer Burger arbeitet in den USA deshalb bereits intensiv daran, weitere verbindliche, mehrjährige Abnahmeverträge im Bereich Solarkraftwerke aber auch im Hausdachsegment, mit weiteren Kunden noch in 2023 abzuschliessen.

Fehlender Schutz in Europa

Der Bedarf an Solarmodulen wächst weltweit, auch in Europa. Diesem positiven Trend stehen fehlende faire Marktbedingungen für europäische Produzenten in Europa gegenüber. Dies sei aktuell die grösste Herausforderung für die hiesige Solarindustrie. Durch fehlenden Schutz gegenüber Herstellern, die Module deutlich unter ihren Produktionskosten anbieten, besteht für Anbieter wie Meyer Burger derzeit kein Anreiz mehr, weitere Kapazitäten aufzubauen.

Der europäische Markt benötige deshalb die schnelle Umsetzung bereits angekündigter industriepolitischer Massnahmen durch die Europäische Union. Darauf bereitet sich Meyer Burger unter anderem mit einer Teilnahme am Interessensbekundungsverfahren «PV-Industrie» der deutschen Bundesregierung für Projekte im Gigawattmassstab vor. Das Unternehmen habe zudem das Projekt «INTEGRA» für den Aufbau einer 5-GW-Solarzellen- und Solarmodulfertigung am 15. August fristgerecht eingereicht. Potentielle Kombinationsmöglichkeiten des Projekts «INTEGRA» mit dem bereits über den EU-Innovationsfonds eingereichten und mit 200 Millionen Euro als förderfähig beschiedenen Projekt «HOPE» für den Aufbau von 3,5 GW Solarzellen- und Solarmodulfertigung befänden sich in der Prüfung.

Ausblick: Eher USA als Europa

Meyer Burger treibe den Aufbau der neuen Solarzellenproduktion in den USA mit höchster Priorität voran. Ferner seien weitere Multi-Gigawatt-Abnahmeverträge in den USA sowie die Auswahl eines weiteren Standorts für weitergehende Produktionserweiterungen in Bearbeitung. Meyer Burger reagiere damit auf die derzeitigen Marktverwerfungen in Europa und plant bis zur Heilung des Marktversagens den weiteren Kapazitätsausbau des Unternehmens unter den industriepolitisch attraktiven und nachhaltigen Bedingungen in den USA.

Das Resultat des zweiten Semesters lasse sich durch erwartete Waferpreissenkungen sowie verstärkte Vertriebsaktivitäten positiv beeinflussen. Die zusätzlichen Aufwendungen für das Hochfahren der Produktion in Colorado sowie die weiterhin eingeschränkte Visibilität in der Preisentwicklung von Solarmodulen aufgrund des aktuellen Überangebots durch chinesische Anbieter in Europa erschweren aber eine Prognose für das Gesamtjahr. Meyer Burger verzichtet deshalb wie bereits angekündigt auf einen Ausblick auf EBITDA-Stufe.

Operativ können im aktuellen Geschäftsjahr 800 MW an Solarmodulen produziert werden, Meyer Burger behält sich jedoch die Option vor, diese Menge in Abhängigkeit der Marktbedingungen in Europa situativ anzupassen.

17.8.2023 | Quelle: Meyer Burger | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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