Fraunhofer ISE: kontaktlose Messung rückseitenkontaktierter Solarzellen

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE haben ein Verfahren entwickelt, um die Leistung rückseitenkontaktierter Solarzellen berührungslos in der Fertigungslinie zu messen. Wie das Fraunhofer ISE mitteilte, ist die Messung der Strom-Spannungs-Kennlinie der wichtigste Test bei der Qualitätskontrolle von Solarzellen. Der Wegfall der physischen Kontaktierung der Solarzelle spare Zeit und erlaube damit signifikant höhere Durchsätze in der Produktion.
Grundlage des neuen Messverfahrens seien Photolumineszenz- und kontaktlose Elektrolumineszenzbilder bei unterschiedlichen Anregungsbedingungen sowie spektrale Reflexionsmessungen. In Kombination mit einem Modell ließen sich hieraus die vollständige Strom-Spannungs-(IV-)Kennlinie und damit die Leistungsparameter der Solarzelle wie Leerlaufspannung, Kurzschlussstromdichte, Füllfaktor und Wirkungsgrad ableiten. Die kontaktlose Leistungsmessung ist von besonderem Vorteil bei schwer kontaktierbaren Solarzellen, wie z.B. Rückseitenkontaktsolarzellen. Sie verringere aber auch das Risiko einer Beschädigung der immer dünner werdenden Zelle und kann die Messzeit innerhalb des Fertigungsprozesses verkürzen. Zudem ermögliche die kontaktlose Messung einen höheren Anlagendurchsatz, sodass die Investitionskosten beim Aufbau neuer Fertigungslinien sinken könnten.
»Die Ergebnisse der herkömmlichen, kontaktierenden Messung und des neuen kontaktlosen Messverfahrens zeigen bei unseren Versuchen im Vergleich eine sehr gute Übereinstimmung«, sagt Johannes Greulich, Gruppenleiter Inline-Solarzellenanalytik und Simulation am Fraunhofer ISE. »Die für einen Einsatz in der industriellen Massenfertigung erforderlichen Anpassungen und eine beschleunigte Messung des Rückwärtsverhaltens wollen wir in einem künftigen Forschungsprojekt mit Partnern entwickeln.«
Kontaktlos = schneller
Neue Effizienzrekorde für Silizium-Solarzellen ließen sich seit einigen Jahren mit IBC-Zellarchitekturen erzielen. So halte eine rückseitenkontaktierte Solarzelle auch den aktuellen Rekord von 27,8 Prozent Effizienz. Da sich bei dieser Zellarchitektur beide Metallkontakte auf der Rückseite befinden, müssen die Zellen zur Qualitätskontrolle einseitig von der Rückseite kontaktiert werden, was spezielle Kontaktiereinheiten erfordert und den Durchsatz aufgrund der Komplexität des Kontaktiervorgangs stark limitiert. »Unsere kontaktlose Methode eignet sich deshalb besonders zur Messung dieser einseitig metallisierten Solarzellen sowie der Bottom-Zellen von Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen, die überhaupt keine Kontakte haben«, ergänzt Greulich.
»Die inline-fähige, kontaktlose Solarzellen-Leistungsmessmethodik stößt die Tür zu einer Produktivitätssteigerung in Richtung von mehr als 10.000 Wafern pro Stunde und zur Herstellung noch dünnerer Solarzellen weit auf. Mit dieser Innovation ermöglichen wir eine kosteneffizientere Realisierung großskaliger Solarzellenproduktionen der nächsten Generation«, ergänzt Bereichsleiter Dr. Ralf Preu.
Das Fraunhofer ISE betreibt in seiner Forschungslinie PV-TEC einen automatisierten Solarzellentester, der unter anderem sowohl kontaktierte IV-Messungen als auch kontaktlose Messungen an Solarzellen bis zum G12-Format (210 mm x 210 mm) sowie an Schindelsolarzellen in hoher Stückzahl ermöglicht. In der Studie vermaß das Forschungsteam 150 IBC-Solarzellen unterschiedlicher Wirkungsgrade sowohl mit dem kontaktlosen Ansatz als auch klassisch kontaktiert mit einem Flasher und verglich die Ergebnisse. Die Entwicklung des Messansatzes rückseitenkontaktierter Solarzellen erhielt im Rahmen des Forschungsprojekts »NextTec« eine Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK.
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