Energiewende-Monitoring-Bericht: Expertenkommission fordert mehr Markt

Ein Puzzle mit dem Teil “Energiewende”, die Expertenkommission sieht im Energiewende-Monitoring-Bericht 2025 in Deutschland Handlungsbedarf.Grafik: Coloures-Pic / stock.adobe.com
Im Segment Stromerzeugung kommt die Energiewende voran.
Aus Sicht der Expert:innen sind mehr Anstrengungen für die Energiewende in Deutschland nötig. Der Bund sollte Maßnahmen einleiten, die die Systemkosten senken und dadurch die Effizienz der Energiewende steigern.

Die Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring hat den Bericht 2025 vorgelegt. Die Expert:innen sehen drei zentrale Handlungsfelder, die in den kommenden Jahren politisch stärker in den Fokus rücken sollten. Erstens ist das Marktdesign an die Anforderungen eines Stromsystems anzupassen, das bereits zu deutlich mehr als 50 Prozent auf erneuerbaren Energien basiert. Hierbei spielen Preissignale eine zentrale Rolle, die Anreize für einen effizienten Systembetrieb bieten. Zweitens sind Strategien für die stofflichen Energieträger von zentraler Bedeutung. Für Wasserstoff geht es darum, wie man den Hochlauf gestaltet, während bei Erdgas und Mineralöl die Nachfrage absehbar zurückgeht. Drittens sollten aus Sicht der Expertenkommission die Maßnahmen zur Förderung der Energiewende konsistent, effizient und aufeinander abgestimmt sein, um die nächste Phase der Energiewende hin zur Klimaneutralität erfolgreich zu gestalten.

„Die Energiewende kommt voran, doch der aktuelle Monitoringbericht zeigt: Insbesondere bei den Themen Versorgungssicherheit, Netzinfrastruktur und Energieeffizienz bestehen weiterhin erhebliche Herausforderungen“, sagt der Kommissionsvorsitzende Andreas Löschel. „Es braucht jetzt Entschlossenheit, damit die Energiewende Kurs hält. Dabei geht es nicht um einzelne Maßnahmen, sondern um einen verlässlichen und langfristig stabilen Rahmen für die Energiewende.“

Die Expertenkommission betont, dass bezahlbare Energie für deutsche Haushalte und Unternehmen von großer Bedeutung sei, um industrielle Abwanderung zu verhindern und eine breite Akzeptanz der Energiewende in Deutschland zu gewährleisten. Aus Sicht der Expert:innen sollten dabei Maßnahmen, die die Systemkosten senken und dadurch die Effizienz der Energiewende steigern, Vorrang vor Entlastungen aus Staatsmitteln haben.

Marktpreise als zentrales Koordinationsinstrument

Angesichts der stark unterschiedlichen Standortbedingungen für die Stromerzeugung in Deutschland sind regional differenzierte Börsenstrompreise eine zentrale Voraussetzung für einen effizienten Anlagenbetrieb und rationale Investitionsentscheidungen. Zahlreiche potenziell erforderliche Fördermaßnahmen können ihre steuernde Wirkung nur dann vollständig entfalten, wenn regional variierende Erlöse die tatsächlichen wirtschaftlichen Knappheiten angemessen widerspiegeln und entsprechende Investitionsanreize setzen.

„Um die Energiewende in Deutschland effizient voranzutreiben und die Kosten im Rahmen zu halten, ist es entscheidend, dass stärker auf Marktsignale gesetzt wird“, sagt Kommissionsmitglied Veronika Grimm. „Dies umfasst sowohl ein weiterentwickeltes Strommarktdesign als auch die Bepreisung von Emissionen. Nur so können Investitionen wirksam gesteuert und Fehlanreize vermieden werden.“

Integrierte Strategie für das Auslaufen der Erdgasnutzung nötig

Neben dem Ende der Kohleverstromung wird auch der Absatz von Mineralöl und Erdgas in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten massiv zurückgehen. Das hat Konsequenzen für die Erdgasinfrastruktur, die man nur teilweise für Wasserstoff umnutzen kann. Trotzdem muss man eine hohe Versorgungssicherheit gewährleisten, etwa durch unterschiedliche Bezugsquellen für Erdgas und ausreichend gefüllte Speicher.

Kommissionsmitglied Felix Chr. Matthes sagt: „Vor dem Hintergrund der klimapolitischen Ziele ist es notwendig, den Erdgasverbrauch in Deutschland zu reduzieren und längerfristig auf null zurückzuführen.“ Angesichts der unterschiedlichen möglichen Entwicklungen im Gassektor sei für die künftige Gas- und Wasserstoffpolitik eine integrierte und flexible Strategie notwendig, die derzeit noch nicht zu erkennen sei. Ähnliches gelte für die Mineralölwirtschaft und die Entwicklung des Raffineriesektors in Deutschland.

Erneuerbare Energien weiter ausbauen

Den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sieht die Expertenkommission auf einem guten Weg. Gleichzeitig konstatiert sie, dass das Stromsystem aktuell in eine neue Phase eintrete, in der die erneuerbaren Energien bald zwei Drittel der Stromerzeugung abdecken und man weitere Teile der Wärmeversorgung, der Mobilität und der industriellen Prozesse elektrifizieren müssen.

„Deshalb ist es richtig und notwendig, stärkere Anreize für systemdienliche Investitionen und einen systemdienlichen Betrieb von Erzeugungsanlagen, Speichern und der flexiblen Stromnachfrage zu schaffen, um die Integration der erneuerbaren Energien zu verbessern und die dringend benötigte Elektrifizierung zu fördern“, sagt Kommissionsmitglied Anke Weidlich.

Umweltbundesamt zeigt einen Emissionspfad in Richtung Treibhausgasneutralität auf

Auch das Umweltbundesamt (UBA) hat eine neue Studie vorgelegt. Diese beschreibt, wie Treibhausgasminderungen um 90 Prozent bis 2024 erreichbar sind. „Die kommende Dekade von 2030 bis 2040 ist entscheidend, um in 20 Jahren die Treibhausgasneutralität in Deutschland sicher zu erreichen“, sagt Dirk Messner, Präsident des UBA. „Bereits heute müssen wir die notwendigen Weichenstellungen vornehmen, um die verschiedenen Sektoren in ihre Zielkorridore zu leiten.“ Dafür benötige es nach 2030 eine Weiterentwicklung des derzeitigen Bundes-Klimaschutzgesetzes.

Treibhausgasneutralität erreicht man, indem man bereits die Erzeugung von Treibhausgasen so weit wie möglich vermeidet. Grundlage für die emittierenden Sektoren, um zum Erreichen der Treibhausgasneutralität beizutragen, ist der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger. Auf Basis eines konsequenten Ausbaus der erneuerbaren Energien müssen Prozesse weiter elektrifiziert werden. Zum Transport der benötigten Strommengen sowie zur intelligenten Stromnutzung ist der Ausbau und die Digitalisierung des Stromnetzes zentral.

Dekarbonisierung bestehender Fernwärmenetze

Der Ausbau und die Dekarbonisierung bestehender Fernwärmenetze ist Basis für eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung und verschränkt die Energiewende mit der Wärmewende. Die grüne Wasserstoffwirtschaft und deren Hochlauf ist das Fundament der Transformation insbesondere in der Industrie, Chemie, der Energiewirtschaft und Teilen des Verkehrs – wie dem Schiffs- oder Luftverkehr. „Diese Veränderungen bedeuten eine Kraftanstrengung für unser Land, öffnen jedoch zugleich die Tür zu zukunftsfähiger Wohlstandsentwicklung und reduzieren die Kosten, die ungebremster Klimawandel impliziert“, sagt Messner. Für unvermeidbare Restemissionen müsse man parallel Kohlenstoffsenken massiv aufbauen. Als Senke sei dafür der Landnutzungs- und Landnutzungsänderungssektor (LULUCF) unverzichtbar.

Die Mitglieder der unabhängigen Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring sind Prof. Dr. Andreas Löschel (Vorsitzender), Prof. Dr. Veronika Grimm, Dr. Felix Matthes und Prof. Dr. Anke Weidlich. Die Bundesregierung hatte die Kommission aus vier unabhängigen Energieexpert:innen im Jahr 2011 für das Monitoring der Energiewende eingesetzt. Der aktuelle Bericht der Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring 2025 ist unter diesem Link zu finden.

Die UBA-Studie „Bis 2040 Treibhausgase um mindestens 90 Prozent mindern – So kann es gehen!“ ist unter diesem Link abrufbar.

Quelle: Öko-Institut, UBA | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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