Kompromiss im Solar-Handelsstreit mit China: EU setzt auf Mindesteinfuhrpreis und Importquoten für chinesische Photovoltaik-Produkte; Solarindustrie will dagegen klagen

Die EU und China haben sich am 27.07.2013 darauf verständigt, dass für Photovoltaik-Produkte aus China ein Mindestpreis zwischen 55 und 57 Eurocent pro Watt Nennleistung und eine Einfuhrquote von insgesamt 7 Gigawatt (GW) festgesetzt werden sollen.

Für Photovoltaik-Module deren Preis unter dem Mindestpreis liegt soll ab dem 06.08.2013 Einfuhrzoll von 47 % erhoben werden. Das gleiche soll gelten, wenn Photovoltaik-Produkte oberhalb der Quote liegen.
Die europäische Solarindustrie-Initiative EU ProSun (Brüssel) hat angekündigt, gegen die erzielte Einigung im Handelsstreit über Photovoltaik-Module aus China vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu klagen. Die Allianz für Bezahlbare Solarenergie (AFASE) ruft alle EU-Mitgliedsstaaten auf, die vereinbarten Konditionen nicht zu akzeptieren.
Dem Kompromiss zugrunde liegen Verhandlungen, die von der EU-Generaldirektion Handel (DG Trade) mit dem chinesischen Handelsministerium (MOFCOM) geführt wurden.

AFASE: Kompromiss nützt keinem etwas
Die AFASE betont, der „schlechte Deal“ zwischen der EU und China nütze niemandem. Die vereinbarten Konditionen seien nicht akzeptabel, da für die europäischen Photovoltaik-Installateure und -Projektentwickler Preiserhöhungen nicht tragbar seien.
Seit der Einführung vorläufiger Zölle am 05.06.2013 sei die Nachfrage bereits deutlich eingebrochen. Infolgedessen hätten einige prominente europäische Unternehmen Insolvenz anmelden müssen, unter anderem die Gehrlicher Solar AG. 

EU ProSun: Chinesisches Dumping geht weiter
Milan Nitzschke, Präsident von EU ProSun, kritisiert, dass ein Mindestpreis zwischen 55 und 57 Eurocent exakt auf der Höhe des aktuellen Dumpingpreises für chinesische PV-Module liegen würde. Nitzschke wendet sich entschieden gegen eine zollfreie Importmenge: "Das ist quasi eine Absatzgarantie für China und ein Freibrief, weiter zu Dumpingpreisen zu verkaufen. Ein klarer Verstoß gegen das europäische Handelsrecht."
"Eine Einigung wie sie jetzt zwischen der EU-Kommission und China erzielt worden ist, verstößt in jeder Hinsicht gegen geltendes EU-Recht. Den Schaden hat die Solar-Industrie, die bereits 10.000 Arbeitsplätze alleine in Deutschland durch chinesisches Dumping verloren hat, und nun droht, weitere Firmen in Europa zu verlieren".
Nitschke erklärt, das EU-Recht stellt an eine solche Regelung strenge Anforderungen. So sehe die europäische Antidumping-Richtlinie 1225/2009 ausdrücklich vor, dass ein Aussetzen von Antidumpingzöllen nur zulässig sei, wenn durch Mindestimportpreise die Schädigung der europäischen Industrie durch Dumping verhindert wird.

EU ProSun-Präsident Nitzschke: Die EU ist von China über die gesamten Verhandlungen hinweg erpresst und vorgeführt worden
"Bei diesen Verhandlungen hat die EU-Kommission entgegen ihrem Auftrag offensichtlich nicht die Interessen der europäischen Industrie vertreten, sondern lediglich ein schnelles Ende des Verfahrens herbeiführen wollen“, kommentiert Nitschke. „Dabei ist die EU von China über die gesamten Verhandlungen hinweg erpresst und vorgeführt worden." Die Verstöße gegen das EU-Recht lassen sich laut EU ProSun inzwischen auf einer langen Liste aufführen. Schon die von Juni bis August geltende Einräumung niedrigerer Zölle für chinesische Produkte hätte gegen die Antidumpingrichtlinie verstoßen.
Europäische Industrieunternehmen hätten daher bereits gegen diese Maßnahme in Luxemburg eine Klage eingereicht. Jetzt steht die Erweiterung dieser Klage um den neuen Tatbestand an.
"Wir kämpfen für unser Recht und für den Erhalt der Hightech-Industrie Photovoltaik in Europa. Dabei geht es uns nicht darum, Verhandlungen zu blockieren. Aber der bisher größte Handelskonflikt der EU muss auf Basis von geltendem Recht gelöst werden. Wenn die EU-Kommission europäisches Recht jetzt selber bricht, beschädigt sie das gesamte Handelsschutzinstrumentarium der EU und setzt damit die gesamte europäische Industrie möglichen Handelsrechtsverletzungen durch ausländische Hersteller aus“, erklärt Nitzschke.
„Der Schaden, den die Handelskommission unter ihrem Generaldirektor anrichtet, geht weit über die Solar-Industrie hinaus. Von der Stahlerzeugung bis zur Automobilindustrie kann niemand mehr sicher sein, gegen Dumping und illegale Subventionen aus Drittstaaten geschützt zu werden. Für den Industriestandort Europa wäre das verheerend“, fasst Nitzschke zusammen.

AFASE fürchtet weitere Arbeitsplatzverluste von Photovoltaik-Installateuren in der EU
Thorsten Preugschas, Geschäftsführer der Soventix GmbH und Vorsitzender von AFASE e.V. kritisiert den Kompromiss aus einer anderen Persepektive: “Preiserhöhungen werden die negative Entwicklung der vergangenen Monate noch beschleunigen und zu einem weiteren Verlust von Arbeitsplätzen in der gesamten Wertschöpfungskette führen. Sollte der von der EU und China vereinbarte Mindestpreis zu hoch sein, müssten auch wir Mitarbeiter in der EU entlassen und versuchen, unsere Expertise in den boomenden Solar-Märkten außerhalb Europas anzubieten. Dort würden wir mit lokalen Installateuren zusammenarbeiten − zum Nachteil tausender EU-Installateure, die ohne Aufträge da ständen.“

AFASE-Vorstand Gieselaar: Auch die europäischen Hersteller werden nicht von der Einigung auf einen unvernünftigen Mindestpreis profitieren
Denis Gieselaar, Vorstandsvorsitzender von Oskomera Solar Power Solutions und Mitglied des Vorstands von AFASE e.V. fügt hinzu: “Wir wollen keine Preiserhöhungen, da diese zu einem Einbruch der Nachfrage in Europa führen würden. Von einer Einigung auf einen unvernünftigen Mindestpreis profitiert absolut niemand, auch nicht die europäischen Hersteller. Die in Europa so dringend benötigten grünen Jobs werden auf diese Weise nicht gerettet.“

29.07.2013 | Quelle: EU ProSun, AFASE; Bild: Ja Solar | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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