Chemiker kochen für höhere Wirkungsgrade von Solarzellen

Im chemischen Labor steht ein dampfender Topf auf einem Kochfeld. Ein wissenschaftler experimentiert mit einer dunklen Flüssigkeit in einem Reagenzglas.Foto: Uli Benz / TUM
Höhere solare Wirkungsgrade von Solarzellen sind erreichbar, wenn Silizium modifiziert wird. Eine Voraussetzung dafür ist es, diese in löslicher Form zugänglich zu machen. So wird eine vielseitige Verarbeitung ermöglicht. Forscher der Technischen Universität München (TUM) haben nun einen einfachen Syntheseweg dafür entdeckt.

Die weltbesten Wirkungsgrade von Solarzellen mit Silizium erreichen rund 24 Prozent. Die theoretische Grenze liege bei rund 29 Prozent, sagt Thomas Fässler, Professor für Anorganische Chemie mit Schwerpunkt Neue Materialien an der TU München „Das liegt daran, dass das in der Diamantstruktur kristallisierende Silizium nur eine indirekte Bandlücke nutzen kann.“

Forscher träumen daher von Materialien in denen die Silicium-Atome so angeordnet sind, dass eine direkte Bandlücke entsteht. Diese können sie für die solare Energieproduktion nutzen. Und dies kann die Wirkungsgrade von Solarzellen erhöhen. Als Modellverbindungen dafür sieht die Wissenschaft kleine Silizium-Cluster an. Hier lassen sich die Atome anders anordnen als im kristallinen Silizium.

„Solche Verbindungen sind auch für eine Vielzahl weiterer chemischer Experimente interessant“, erklärt  Professor Fässler. Gezielt können wir derzeit in wenigen Syntheseschritten vier und neun Silizium-Atome zu Tetraedern beziehungsweise einer fast kugelförmigen Struktur zusammenfügen. Die Synthesen und die Isolierung der Atomcluster waren bisher aber sehr aufwändig. Hier sind wir nun einen entscheidenden Schritt vorangekommen.“

Eine Traube aus neun Silicium-Atomen

Beim Zusammenschmelzen von Kalium und Silicium entsteht eine Verbindung aus 12 Kalium- und 17 Silicium-Atomen, ein graues Pulver. Mit einem Trick gelang es nun Erstautor Lorenz Schiegerl in flüssigem Ammoniak die löslichen, neunatomigen Cluster zu stabilisieren. Zum Ammoniak gab er ein organisches Molekül hinzu, das die Kalium-Atome einschließt.

„Diese einfache Synthese öffnet uns, ausgehend von elementarem Silizium, den Weg zu vielfältigen chemischen Experimenten mit diesen Clustern“, sagt Professor Fässler. „Im Lösungsmittel Pyridin wird der Cluster beispielsweise durch zwei Wasserstoff-Atome stabilisiert.“ Das sei ähnlich den vermuteten Zwischenstufen bei der großtechnischen Herstellung von polykristallinem Silizium. Diese werde unter Einsatz von Silanen oder Chlorsilanen für kommerziell verfügbare Solarzellenmodule hergestellt.

Aufbau neuer Strukturen

Besonders vielversprechend ist ein weiterer Reaktionsweg zu Verbindungen des Silizium-Clusters, bei denen drei der neun Silizium-Atome sich mit Molekülen verbinden, die wiederum Silizium oder beispielsweise auch Kohlenstoff oder Zinn enthalten. In den rotbraun gefärbten Lösungen liegen die zurzeit siliziumreichsten, bekannten Cluster vor. Damit eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten, Silizium mit modifizierten Strukturen aus Lösung abzuscheiden. Das Ziel: Wirkungsgrade von Solarzellen verbessern.

„Denkt man diesen Weg weiter, sollten auch Kopplungen der Cluster möglich sein, um größere Silizium-Strukturen aufzubauen. Damit kämen wir den Wünschen der Theoretiker schon sehr nahe“, sagt Professor Fässler. „Auf jeden Fall haben wir hier die Tür zu einer faszinierenden neuen Chemie aufgestoßen.“

Das Projekt wurde von der der Wacker Chemie AG im Rahmen des Wacker-Instituts für Siliciumchemie an der TUM, dem Bayerischen Forschungsverbund „Solar Technologies Go Hybrid” und der Academy of Finland gefördert. Die Elektronenstruktur berechnete Prof. Dr. Karttunen von der Aalto Universität im finnischen Helsinki  am IT Center for Science (CSC).

14.11.2019 | Quelle: Technische Universität München | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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