Potenzialinduzierte Degradation von Photovoltaik-Modulen: Neues Testverfahren

Zu sehen sind zwei Forscher mit einem Modul im Testzentrum für die potenzialinduzierte Degradation von Photovoltaik-Modulen beim ZSW.Foto: Alexander Fischer / ZSW
In Polyolefin-Elastomer (POE) eingebettete Module zeigen selbst nach 60 Betriebsjahren praktisch keine PID.
Mit der Steigerung der Systemspannung von 1.000 auf 1.500 Volt stellt sich Frage nach der potenzialinduzierten Degradation von Photovoltaik-Modulen (PID) neu. Forscher des ZSW haben nun ein besseres Prüfverfahren zur Ermittlung der PID-Lebensdauer entwickelt.

Bei Photovoltaikmodulen kann sich im Fall eines Spannungsunterschiedes zwischen den Solarzellen und dem geerdeten Rahmen der Wirkungsgrad verschlechtern. Dieses Phänomen bezeichnen Experten als potenzialinduzierte Degradation von Photovoltaik-Modulen (PID). Herkömmliche Module werden inzwischen gegen die PID unempfindlich gemacht. Mit der aktuellen Steigerung der Systemspannung von 1.000 auf 1.500 Volt stellt sich jedoch erneut die Frage nach der PID-Beständigkeit. Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) hat nun in einem Projekt einen Extremtest entwickelt, der über die Standardprüfung hinausgeht und präzisere Aussagen über die Widerstandsfähigkeit der Solarmodule geben kann. Das Ergebnis der Belastungsprüfungen, die eine jahrzehntelange Betriebsdauer simulieren: Bestimmte Einbettmaterialien sorgen dafür, dass selbst nach rechnerisch 60 Jahren Betrieb praktisch keine Leistung durch potenzialinduzierte Degradation von Photovoltaik-Modulen verloren geht. Für Investoren, Banken, Hersteller und Projektentwickler sind solche Langzeitprognosen wichtig, um die Wirtschaftlichkeit von Solarprojekten einzuschätzen.

Seit mehr als zehn Jahren ist bekannt, dass die spannungsinduzierte Degradation prinzipiell bei allen Siliziumsolarzellen auftreten kann. Vor allem Einbettmaterialien verhindern den teilweise reversiblen PID-Effekt inzwischen verlässlich. Testergebnisse von Modulen aus heutiger Produktion bestätigen dies. Die Prüfungen erfolgen gemäß der Norm IEC TS 62804-1 typischerweise bei angelegter Systemspannung von 1.000 Volt und Temperaturen 85 Grad Celsius über eine Dauer von 96 Stunden.

1.500-Volt-Solarmodule unter der Lupe

Seit wenigen Jahren werden jedoch immer mehr Solarmodule und Wechselrichter auf die Systemspannung 1.500 Volt ausgelegt. Die Vorteile sind ein geringerer Materialaufwand, niedrigere Kosten und mehr Leistung. Besonders Eigentümer von Solarparks und gewerblichen Dachanlagen setzen auf diese Technologie. Die Prüfung der Beständigkeit gegen die potenzialinduzierte Degradation von Photovoltaik-Modulen steht daher erneut auf der Tagesordnung.

Im Rahmen des europäischen Forschungsprogramms SolarEraNet haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des ZSW zusammen mit den Unternehmen Specialized Technology Resources España und CS Wismar dieser Frage gestellt. Getestet haben die Partner Module mit zwei Typen von Zellen, eine PID-beständige und eine etwas PID-anfälligere Variante. Beide Zellen wurden einmal mit dem Einbettmaterial Standard-EVA (EVA-1), einmal mit einem verbesserten, hoch resistiven EVA (EVA-2) und schließlich mit einem Polyolefin-Elastomer (POE) kombiniert.

Alle untersuchten Modulvarianten hatten zuvor den bekannten Standard-PID-Test nach der IEC-Norm mit 1.500 Volt bestanden. Nach der Prüfung verblieben mehr als 95 Prozent der Anfangsleistung – die Bandbreite des Wirkungsgradverlustes lag bei 1,0 bis 2,4 Prozent. Selbst eine Verlängerung der Testzeiten auf 600 Stunden brachte keine wesentliche Verschlechterung. Differenzierte Aussagen über die PID-Beständigkeit sind mit dem Test jedoch nicht möglich.

Extremtest liefert Daten zur Empfindlichkeit für die potenzialinduzierte Degradation von Photovoltaik-Modulen

Erkenntnisse über die IEC-Norm hinaus erhielten die Forscher, als sie einen deutlich extremeren PID-Test durchführten. Er wirkt auf die Solarmodule ein wie eine jahrzehntelange Betriebsdauer. Dadurch liefert der Test realistische Lebensdauerdaten bezüglich der Empfindlichkeit gegen die potenzialinduzierte Degradation von Photovoltaik-Modulen. Zu diesem Zweck kombinierten die Partner die stressreichen Komponenten des bekannten Tests und erhöhten die Prüfspannung um 67 Prozent auf 2.500 Volt. Mit bis zu 1.000 Stunden legten sie außerdem eine mehr als zehnmal längere Prüfzeit gegenüber der Norm an. Zusätzlich wurden die Module im Test mit einer leitfähigen Metallfolie auf der Vorderseite kontaktiert.

Polyolefin-Elastomer schneidet als Einbettungsmaterial am besten ab

Die Ergebnisse: Module mit dem Einbettmaterial EVA-1 erleiden nach rechnerisch zwei Betriebsjahren im 1.500-Volt-System einen Leistungsabfall von bis zu rund fünf Prozent durch PID. Die Wissenschaftler sind von dem „Worst Case“ ausgegangen und haben Erholungseffekte nicht berücksichtigt. Module mit EVA-2 verhalten sich besser, erst nach 22 Jahren beträgt der Leistungsabfall bis zu fünf Prozent. Module mit POE würden selbst nach 60 Betriebsjahren praktisch keinerlei Anzeichen von PID zeigen, so die ZSW-Berechnungen.

„Mit unserem neuen Test können wir künftig präziser als bisher die PID-Beständigkeit ermitteln“, sagt Peter Lechner, der Leiter des ZSW-Photovoltaik-Testlabors SOLAB, und fügt hinzu: „Das Einbettmaterial der Solarmodule hat einen großen Einfluss auf die PID-Beständigkeit. Module mit POE sind hier absolut stabil.“

23.3.2020 | Quelle: ZSW | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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