Wärmepumpen und Photovoltaik: Baustart für Smartes Quartier Karlsruhe-Durlach

Durch den Einsatz von Wärmepumpen, Photovoltaik und PVT-Kollektoren sollen sich die CO2-Emissionen von Bestandsgebäuden mit 175 Wohnungen halbieren. Forscher begleiten das Projekt wissenschaftlich und setzen neu entwickelte Technologien ein.

In Karlsruhe-Durlach haben die Bauarbeiten zur Umsetzung eines innovativen Energieversorgungskonzeptes für fünf Mehrfamilien-Bestandsgebäude mit 175 Wohnungen begonnen. Im Rahmen des Projekts »Smartes Quartier Karlsruhe-Durlach« wird die derzeitige konventionelle Versorgung durch ein Energiesystem ersetzt, bei dem zwei Wärmepumpen, Photovoltaik-Anlagen, Erdgas-Blockheizkraftwerke (BHKW) und ein Energiemanagement mit KI-basierter Fehlererkennung zum Einsatz kommen. Ziele sind die Halbierung des Primärenergieverbrauchs und der damit verbundenen CO₂-Emissionen und die Erprobung eines wirtschaftlichen Betreiberkonzeptes.

Innovative Wärmepumpen und Photovoltaik-Strom

In dem vom BMWi geförderten Projekt »Smartes Quartier Karlsruhe-Durlach« bauen die Volkswohnung GmbH und die Stadtwerke Karlsruhe eine dezentrale und solare Energieversorgung für den Gebäudekomplex in Karlsruhe-Durlach auf. Aktuell werden die fünf Mehrfamilienhäuser durch Erdgaskessel und Strom aus dem Netz versorgt.

Das für die energetische Sanierung entwickelte Energiekonzept setzt auf die Kombination bewährter Technologien. So werden auf den Dächern aller Gebäude Photovoltaik-Anlagen installiert. Drei der Gebäude sind mit einer Nahwärmeleitung verbunden, in die zwei Erdgas-BHKW Wärme einspeisen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung des Konzepts ist der Quartiersansatz. Damit ist die Vernetzung mehrerer Gebäude sowohl durch Austausch von Energie als auch einer übergreifenden Betriebsführung und Regelung gemeint.

Zwei Gebäude erhalten dezentrale Wärmepumpenanlagen mit innovativen Wärmequellen: eine Mehrquellen-Großwärmepumpe (Außenluft, Erdwärmesonden), die Forscher im Forschungsvorhaben »LowEx im Bestand-HEAVEN« entwickelt haben, sowie eine Wärmepumpenanlage mit photovoltaisch-thermischen Kollektoren als Wärmequelle. Bislang kommen Wärmepumpen in Bestands-Mehrfamilienhäusern nur selten zum Einsatz. Die Integration in bestehende Mehrfamilienhäuser ist technisch anspruchsvoll. Denn das Temperaturniveau, die Verfügbarkeit von Wärmequellen und die Versorgung mit erneuerbarem Strom stellt besondere Herausforderungen.

»Die Kombination von Wärmepumpen mit Photovoltaik und einem Blockheizkraftwerk, zusammen mit Wärmespeichern, hat sowohl energetisch als auch ökonomisch großes Potenzial. Für Wohnungsgesellschaften ist bei optimaler Auslegung ein wirtschaftlicher Betrieb im Rahmen eines Contracting-Modells möglich«, betont Stefan Storz, Geschäftsführer der Volkswohnung GmbH.

CO2-Emissionen minimieren, Wirtschaftlichkeit optimieren

Für die Konzepterstellung des Energiesystems hat das Fraunhofer ISE das Quartier mit allen Erzeugern und Verbrauchern simuliert. Auf dieser Basis haben sie das Versorgungskonzept so optimiert, dass es die CO₂-Emissionen durch den Verbrauch von Erdgas und Netzstrom minimiert. Gleichzeitig erzielt das Konzept die für die Mieter erforderliche Wirtschaftlichkeit. Dies erreicht unter anderem durch ein intelligentes Energiemanagement. Dieses steuert die Wärmepumpen und den BHKW-Betrieb so, dass die Wärmepumpen bevorzugt mit selbst erzeugten Photovoltaik- oder BHKW-Strom nutzen. Zur Betriebsoptimierung entwickeln die Forscher neuartige Fehlererkennungsalgorithmen, die auf Verfahren der künstlichen Intelligenz basieren.

»Die Simulationsergebnisse zeigen, dass die intelligente Integration aller drei Technologien eine CO₂-Einsparung von über 50 Prozent und zugleich eine hohe Wirtschaftlichkeit für den Betreiber erwarten lassen«, so Manuel Lämmle vom Fraunhofer ISE in Freiburg.

Monitoring sichert optimalen Betrieb

Das Institut INATECH der Uni Freiburg und das Fraunhofer ISE installieren im Rahmen des Projekts »Smartes Quartier Karlsruhe-Durlach« ein Monitoring-System und werten die erhobenen Messdaten über drei Betriebsjahre hinweg aus. Dies soll zum einen wissenschaftliche Fragestellungen zur energetischen Performance des innovativen Energiekonzepts beantworten. Zur Überprüfung des Energiekonzeptes erstellen die Forscher Vorher/Nachher- sowie Soll/Ist-Vergleiche und Energiebilanzen. Zum anderen soll nach der Monitoring-Phase ein optimiertes Regelungskonzept verfügbar sein, das der Betreiber weiterführen kann.

»Die genaue Messung und Dokumentation der Einsparungen, die das neue Energiekonzept erzielt, soll möglichst viele weitere Unternehmen der Wohnungswirtschaft bei der Entscheidung dafür unterstützen, ebenfalls in ambitionierte, klimafreundliche Versorgungskonzepte zu investieren«, erklärt Stefan Hess, Forschungsgruppenleiter am INATECH.

Das Demonstrations-Projekt gehört zum thematischen Projekt-Verbund »LowEx-Konzepte für die Wärmeversorgung von sanierten Mehrfamilien-Bestandsgebäuden (LowEx im Bestand)«. Das Projekt soll zur Markteinführung und –verbreitung von LowEx-Konzepten und Systemen für Bestandsgebäude beitragen. Der Begriff »LowEx« charakterisiert Systeme, die mit möglichst niedrigem Temperaturniveau arbeiten. Durch die damit mögliche Nutzung von Umweltenergie in Wärmepumpen können diese eine sehr hohe Effizienz erreichen.

25.5.2020 | Quelle: Fraunhofer ISE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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