Neue Solarzellen für Anwendungen im All: Perowskit- und organische Solarzellen bewähren sich

Zu sehen sind Prof. Dr. Peter Müller-Buschbaum und sein Mitarbeiter Lennart K. Reb, die neue Solarzellen für Anwendungen im All erforschen.Foto: Wei Chen / TUM
Prof. Dr. Peter Müller-Buschbaum (rechts) und Lennart K. Reb erforschen neue Solarzellen für Anwendungen im All.
Nahezu alle Satelliten beziehen ihren Strom aus Solarzellen. Doch die sind schwer. Herkömmliche Hochleistungszellen liefern bis zu drei Watt pro Gramm. Perowskit- und organische Hybridzellen könnten bis zum Zehnfachen liefern. Erstmals hat nun ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) solche neue Solarzellen für Anwendungen im All getestet.

Perowskit- und organische Solarzellen sind vielversprechende Kandidaten für zukünftige Generationen von Solarzellen. In den letzten Jahren haben ihre Wirkungsgrade rasch zu den konventionellen Solarzellen auf Siliziumbasis aufgeschlossen.

„Die besten Perowskit-Solarzellen erreichen derzeit Wirkungsgrade von 25 Prozent“, sagt Peter Müller-Buschbaum, Professor für funktionelle Materialien im Physik-Department der TUM. „Solche weniger als einen Mikrometer dünnen Solarzellen, aufgebracht auf ultradünnen, flexiblen Kunststofffolien, sind extrem leicht. Daher können diese Zellen eine Energieausbeute von knapp 30 Watt pro Gramm erreichen.“

Herstellung bei Raumtemperatur

Dies wird erst durch einen entscheidenden Vorteil der neuen Solarzellen möglich: Während die Herstellung von Silizium-Solarzellen sehr hohe Temperaturen und viele Prozessschritte erfordert, lassen sich Perowskit-Zellen und organische Halbleiter bei Raumtemperatur und aus einer Lösung heraus herstellen.

„Diese organischen Lösungen kann man sehr einfach verarbeiten“, sagt TUM-Forscher Lennart Reb. „So erschließen die Technologien neue Anwendungsfelder, in denen herkömmliche Solarzellen einfach zu unhandlich oder zu schwer waren – und das reicht weit über die Raumfahrttechnik hinaus.“

Testflug ins Weltall

Auf einem Forschungsflug im Rahmen der Kampagne MAPHEUS 8 auf der European Space and Sounding Rocket Range im schwedischen Kiruna wurden je zwei verschiedene Typen von organischen und Perowskit-Solarzellen erstmals unter Weltraumbedingungen getestet. Die Rakete erreichte dabei eine Höhe von knapp 240 Kilometern.

„Mit unserem MAPHEUS-Programm haben wir die Möglichkeit, sehr zügig Experimente in die Schwerelosigkeit zu bringen und so zu vielversprechenden Forschungsergebnissen zu kommen“, sagt Andreas Meyer, Direktor des DLR-Instituts für Materialphysik im Weltraum. „Dieses Mal ging es besonders schnell: Von der ersten Idee bis zum Flug der neuen Solarzellen für Anwendungen im All während der MAPHEUS 8-Kampagne verstrich weniger als ein Jahr.“

Energieerzeugung unter besonderen Bedingungen

„Die elektrischen Messungen während des Fluges und die materialwissenschaftliche Auswertung nach Bergung der Rakete haben gezeigt, dass Perowskit- und organische Solarzellen ihr Potenzial hinsichtlich ihrer erwarteten Leistung in Umlaufbahnhöhe erreichen können“, sagt Müller-Buschbaum. „Daher haben die Messungen einen hohen wissenschaftlichen Wert.“

Auch unter diffusem Lichteinfall erzeugten die neuen Solarzellen für Anwendungen im All elektrische Energie. „Sonnenabgewandte Zellen die während des Fluges nur spärliche Beleuchtung ausschließlich von der Erde erhielten, lieferten dennoch Strom“, ergänzt Reb.

Aufgrund ihrer sehr viel geringeren Schichtdicke könnten die neuen Solarzellen daher auch bei schwachen Lichtverhältnissen eingesetzt werden, beispielsweise für Missionen ins äußere Sonnensystem, wo die Sonne für herkömmliche Weltraumsolarzellen zu schwach wird.

„Es wäre nicht das erste Mal“, so DLR-Materialwissenschaftler Andreas Meyer, „dass Innovationen sich zuerst als Weltraumtechnologien etablieren, bevor sie dann weltweit in anderen Bereichen angewendet werden. Ein Grund dafür sind sicherlich die sehr hohen Anforderungen, die der Weltraum an alle technischen Komponenten stellt.“

13.8.2020 | Quelle: TUM | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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