Photovoltaik und Wind müssen Atomstrom ersetzen

PortrPortrait des Geschäftsführers der Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg, Franz Pötter.Foto: SolarCluster BW
Franz Pöter, Geschäftsführer der Plattform Erneuerbare Energien.
Weil bis 2022 die letzten sechs Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz gehen, müssen insbesondere in Süddeutschland deutlich mehr regenerative Energiekapazitäten entstehen als zuletzt. Das fordert die Plattform EE BW.

Photovoltaik und Wind müssen Atomstrom ersetzen. Das fordert die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (EE BW). So würden bis Ende 2022 die letzten sechs Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Allein in Süddeutschland gehe es dann um den Ersatz von mehr als 4.000 Megawatt installierter Leistung.

Die im Herbst anstehende Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) müsse dafür die Weichen stellen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg sei in den letzten Jahren aber nur schleppend vorangekommen. Das bemängelt Plattform-Geschäftsführer Franz Pöter. „Für eine schnelle Wiederbelebung der Energiewende – insbesondere in der Windenergie – sei die Landesregierung gefordert, die EEG-Novelle auf Bundesebene positiv mitzugestalten. Immerhin hatte sich das Land letztens auf eine Novelle des Landes- Klimaschutzgesetzes inklusive Solarpflicht geeinigt.

Jährlich 1.000 MW Photovoltaik im „Ländle“ nötig

„Es bleiben nur noch rund zwei Jahre, um zusätzliche klimaschonende Stromerzeugungskapazitäten aufzubauen“, sagt Pöter. Im Stromübertragungsnetz werde es dann ausreichend Kapazitäten für die erneuerbaren Energien geben. Denn spätestens Ende 2022 müssten das Atomkraftwerk Neckarwestheim und die beiden letzten Atomkraftwerke in Bayern abgeschaltet sein. Nicht nur die Versorgungssicherheit, sondern auch der Aspekt des Klimaschutzes erfordere deutlich höhere Ausbaumengen der erneuerbaren Energien. „Wir brauchen allein in Baden-Württemberg durchschnittlich einen jährlichen Zubau von etwa 325 Megawatt (MW) Windenergieund rund 1000 MW Photovoltaik. Auch eine deutliche Steigerung bei Wasserkraft, Biomasse und Geothermie sei wichtig.

Er fordert ferner, die ausgeschriebenen Mengen an erneuerbaren Energien anzupassen. Diese sollten sich bei Wind an Land auf 4,7 Gigawatt pro Jahr und bei Photovoltaik auf mindestens 10 Gigawatt pro Jahr erhöhen. Sonst verpasse die Bundesregierung ihr Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 auf 65 Prozent des Bruttostromverbrauchs zu erhöhen. Im Bereich der Bioenergie plädiert der Dachverband für eine Art Stabilisierungspfad, nach dem die ausgeschriebenen Volumina bis 2030 auf 1500 Megawatt pro Jahr steigen sollen.

PV ab 750 kW kaum noch attraktiv

Der Degressionsmechanismus des EEG sei zwar wichtig für den Erfolg des Gesetzes. In einigen Segmenten sei die Absenkung der Vergütung aber deutlich stärker als die Kostensenkung, da die Anlagenkosten nur einen Bruchteil der Gesamtkosten darstellten. Die Novelle des EEG solle deshalb die Degression der Förderhöhe senken. Aktuell führe etwa die monatlich drastisch sinkende Vergütung dazu, dass für viele Anlagen ein wirtschaftlicher Betrieb kaum mehr möglich sei. Die Plattform EE BW geht davon aus, dass der Zubau großer Photovoltaikanlagen bis 750 Kilowatt zum Erliegen komme. Ähnliches gelte bereits für (kleine) Wasserkraftanlagen, bei denen die Betriebskosten auch durch ökologische Modernisierungen eher steigen als fallen. Für die noch relativ junge Tiefengeothermie soll ab 2021 eine Degression gelten,die auch aus Sicht der Plattform EE BW zu früh kommt.

Weiterbetrieb alter Windenergie- und kleiner Photovoltaikanlagen

Ab 2021 scheiden zudem die ersten Anlagen aus der EEG-Vergütung. „Hier müssen schnellstmöglich einfache und praktikable Anschlussregelungen für die Netzeinspeisung und Vergütung gefunden werden, sonst laufen wir Gefahr, viele Bestandsanlagen zu verlieren“, bewertet Franz Pöter die Lage. „Das ist auch eine Gefahr für die Versorgungssicherheit in Baden-Württemberg. So gäbe es zum Beispiel für kleine Photovoltaikanlagen, für die eine Direktvermarktung am Strommarkt zu teuer ist, noch kein geeignetes neues Geschäftsmodell. Bei der Windenergie stocke der Ausbau derzeit aufgrund von mangelnder Flächenverfügbarkeit und langwierigen Genehmigungsverfahren so sehr, dass alte Anlagen am Netz bleiben müssten, wenn kein Repowering möglich sei.

CO2-Preis von mindestens 60 Euro

Auch die EEG-Umlage bedürfe der Reform: Die Senkung der EEG-Umlage auf 6,5 Cent pro Kilowattstunde sei zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung. Generell sollte der Strompreis aber durch eine Reform der Abgaben und Steuern so gestaltet werden, dass er die Elektromobilität, die Erzeugung von grünem Wasserstoff und andere Technologien der Sektorkopplung ermögliche. Eine Refinanzierung sei laut Plattform EE BW über eine Erhöhung des CO2-Preises auf mindestens 60 Euro (statt der festgelegten 25 Euro) pro Tonne CO2 möglich. „Eine Streichung der EEG-Umlage für Eigenverbraucher würde Anreize insbesondere für mittelständische Unternehmen setzen, eigene Erneuerbare-Energien-Anlagen zu installieren“, so Pöter weiter.

17.8.2020 | Quelle: Plattform EE BW | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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