Photovoltaik und Wärmepumpe: Rolf Disch baut Plusenergie-Klimahäuser

Zu sehen ist die mit Photovoltaik an den Balkonen versehene Fassade der Plusenergie-Klimahäuser von Rolf Disch in der grafischen Animation.Grafik: Rolf Disch SolarArchitektur / Renderings: Freidimension
Neue Wege auch in der Elektromobilität: Die Mitgliedschaft im E-Car-Sharing ist für die Käufer der Wohnungen verpflichtend. Grafik: Rolf Disch SolarArchitektur / Renderings: Freidimension
Der Architekt und Solarpionier Rolf Disch baut in Schallstadt ein Quartier aus Plusenergie-Klimahäusern. Photovoltaik und an ein kaltes Nahwärmenetz angeschlossene Wärmepumpen bilden das Rückgrat des Energiekonzeptes für die KfW-40-plus-Gebäude.

„Das Plusenergiehaus wurde vor 25 Jahren entwickelt. Inzwischen wird es großzügig von der KfW gefördert. Warum sollte man überhaupt noch unter diesem Niveau bauen?“ fragt Rolf Disch und erklärt, was ihn seit Jahrzehnten antreibt. „Architekten und Bauträger treffen eine Wahl: Mit jedem Strich, den sie zeichnen, mit jedem Euro, den sie in die Hand nehmen, heizen sie am Ende entweder das Klima auf oder sie helfen bei der Eindämmung des Klimawandels.“ In Schallstadt, einer idyllischen Ortschaft fünf Kilometer südlich von Freiburg im Breisgau, befindet sich Baustelle Brandhof 13-19 auf einem Grundstück von rund 4.500 Quadratmetern. Hier entstehen die Plusenergie-Klimahäuser, Bauherr und Architekt ist Solarpionier Rolf Disch.

Die Gebäudezeile von etwa 115 m Länge ist in vier Einzelhäuser unterteilt – mit 83 Wohneinheiten, vier Ladengeschäften und insgesamt 7.200 Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche. Drei Vollgeschosse sind schon im Rohbau erkennbar, darauf kommen noch eineinhalbgeschossige Penthäuser mit Maisonette-Wohnungen und großzügigen Dachterrassen, die einen idyllisch-schönen Blick auf Schwarzwald und Kaiserstuhl bieten.

Schall- und Wärmeschutz

Die Plusenergie-Klimahäuser von Rolf Disch bilden den Abschluss eines Baugebiets zu einem Gewerbegebiet hin. Damit fällt ihnen auch die Aufgabe zu, den Schallschutz für die dahinterliegende, neu entstehende, kleinteiligere Wohnbebauung zu garantieren. Schall-, Brand- und Wärmeschutz auf Passivhaus-Niveau zu vereinen, war eine große Herausforderung. Die Firma Enersign liefert die entsprechend hochwertigen Fenster.

Mit entsprechender Dämmung, passiver Nutzung der Sonnenenergie über die hochwertigen Fenster und (wohnungsweise dezentraler) Lüftung mit Wärmerückgewinnung erreichen die Häuser KfW-40-plus-Standard. So fällt für die Wohneinheiten eine staatliche Förderung von je 30.000 Euro (als Tilgungszuschuss) an. Mit großflächigen Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern und an den Balkonbrüstungen sowie als Überdachung der Tiefgarageneinfahrt kommen rund 470 kW Leistung zusammen. Damit lässt sich der komplette Energiebedarf der Klimahäuser abdecken – Strom, Raumheizung, Warmwasser und Elektromobilität.

Ein Stromspeicher puffert tagsüber Stromüberschüsse ab, die die Bewohner abends verbrauchen können, und ein Rest wird noch ins Netz eingespeist. Der stationäre Speicher hat zunächst etwa 120 kWh Speicherkapazität. Man kann ihn später mit weiteren stationären Batterien erweitern. Dazu könnten auch zusätzliche mobile Speicherkapazitäten der Autobatterien kommen, wenn das bidirektionale Laden (V2G) Einzug hält.

Für alle Gebäude der Neuen Ortsmitte gibt es ein Nahwärmenetz, das die Firma Energiedienst AG betreibt. Die Wahl fiel auf ein Kaltes Nahwärmenetz. Die üblichen heißen Netze lassen sich nämlich nur schwierig wirtschaftlich betreiben, wenn der Dämmstandard der angeschlossenen Gebäude hoch und der Wärmebedarf entsprechend niedrig ist. Denn dann verkauft der Netzbetreiber nur wenige Kilowattstunden. Das wiederum treibt die Anschluss- und Arbeitspreise für die Wärmelieferung in die Höhe. Den Bau- und Hausherren, die – auch um die Nebenkosten dauerhaft niedrig zu halten – viel Geld in hohe Gebäudeeffizienz investieren, bereitet das wenig Freude. Daher verlget man stattdessen eine kalte, ungedämmte Wasserleitung.

Kaltes Nahwärmenetz

Die Idee dahinter: Man entzieht die Wärme einem das Neubaugebiet kreuzenden großen Abwasserkanal. Somit kann man im Sommer wie im Winter in der Nahwärmeleitung mit 15 bis 17 Grad Celsius rechnen. Das ist eine gute Ausgangstemperatur für die Wärmepumpen in den Einzelgebäuden. Da in den Klimahäusern eine Flächenheizung zum Einsazu kommt, kommt man mit einer niedrigen Vorlauftemperatur aus. Damit erzielt man bei einen relativ geringen Temperaturhub von nur rund 20 Kelvin einen geringen Stromverbrauch der Wärmepumpe und eine Jahresarbeitszahl von über 4,5. Der besondere Charme des Systems: Im Sommer kann die Fußbodenheizung als Kühlung genutzt werden. Dafür pumpt man Wasser auf dem niedrigen Ausgangs-Temperaturniveau der Kalten Nahwärmeleitung durch die Heizschleifen.

Setzt man 15kWh/m²a für die Raumheizung, eine Halbierung des Energiebedarfs für Warmwasser auf ca. 13 kWh/m²a und – bei Verwendung stromsparender Geräte – 25 kWh/m²a für den Strom an, so erzielen die Klimahäuser mit ihren ca. 6.800 m² Nutzfläche gegenüber dem EnEV-Standard beispielsweise unter Verwendung einer Brennwerttherme Einsparungen von über 600.000 kWh pro Jahr (Endenergie) und mehr als 150t an CO2-Emissionen. Dabei ist noch nicht einmal eingerechnet, dass die Energiequelle für Wärme und Strom ja ganz überwiegend die PV-Anlage liefert mit einem Ertrag von gut 420.000 kWh, was einen Überschuss an sauberem Strom von über 200.000 kWh ergibt.

Elektromobilität

Ein Großteil dieser Stromernte soll nicht ins Netz eingespeist, sondern für Elektromobilität genutzt werden. Für alle Stellplätze wird eine Vorinstallation für Ladesäulen oder Wallboxen gewährleistet. Die Tiefgarage mit 36 Stellplätzen bleibt allein Elektromobilen vorbehalten, hier darf kein Diesel oder Benziner mehr einfahren. Vier Stellplätze sind für Elektro-Carsharing vorgesehen, wobei zusätzlich E-Cargo-Bikes in das Sharing-System eingebunden werden.

Aber ist das im ländlichen Raum wirklich machbar? Im Verkauf, der zu 90 Prozent abgeschlossen ist, hat sich erwiesen, dass sogar immer noch zu viele Stellplätze realisiert werden. Die Wohnungskäufer waren sehr wohl bereit, sich auf das Mobilitätsangebot einzulassen, auch darauf, dass die Mitgliedschaft im Car-Sharing hier verpflichtend ist. Im Sommer 2022 sollen die Plusenergie-Klimahäuser von Rolf Disch in Schallstadt fertiggestellt sein.

15.3.2021 | Quelle: SolarArchitekt Rolf Disch | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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