Gasnetzbetreiber werben für Wasserstoff im Wärmemarkt

Foto von Mann in dunklem Anzug -Foto: FNB Gas
Für Thomas Gößmann vom FNB Gas beseitigt die Studie den "letzten Zweifel" an der Rolle des Wasserstoffs im Wärmemarkt.
Die Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas (FNB Gas) legt eine Studie zum Wärmemarkt vor, die die Bedeutung von Wasserstoff untermauern soll. Doch die Studie bleibt Zahlen zur Verfügbarkeit von Wasserstoff schuldig.

Die Studie zu Wasserstoff im Wärmemarkt hat Frontier Economics im Auftrag des FNB Gas erstellt. Demnach werde Wasserstoff einen entscheidenden Beitrag zur Wärmewende leisten.  

In der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung spielt Wasserstoff im Wärmemarkt nur eine untergeordnete Rolle. In den Modellen von Agora Energiewende kommt er praktisch nicht vor. Hintergrund sind vor allem Effizienzerwägungen angesichts der zunächst beschränkten Verfügbarkeit. Wasserstoff soll demnach vor allem dort eingesetzt werden, wo keine anderen Technologien zur Dekarbonisierung zur Verfügung stehen.

Der FNB Gas sieht das naturgemäß anders. Der Wärmemarkt hat laut FNB Gas derzeit den größten Anteil am gesamten Endenergieverbrauch und wird noch zu 80 Prozent mit fossilen Energieträgern versorgt, vor allem mit Gas. Die aktuellen Klimaziele fordern eine Senkung der CO2-Emissionen im Gebäudesektor in zehn Jahren um fast die Hälfte (43 Prozent). Die Emissionen müssten also fünf mal so schnell sinken wie im vorigen Jahrzehnt. Das sei eine Mammutaufgabe, so der FNB Gas, da 87 Prozent des Gebäudebestandes unsaniert bzw. nur teilweise saniert seien. Vor allem in Gebäuden mit geringem Sanierungsstand sieht der FNB Gas Wasserstoffheizungen im Vorteil gegenüber elektrischen Wärmepumpen.

Elektrische Wärmepumpen steigern Spitzenlast im Winter

Der Verband betont, dass durch die Elektrifizierung der Heizungen die elektrische Spitzenlast im Winter immens steigen würde. Das sei auch dann der Fall, wenn die Sanierungsrate stark steigen würde.

Die bisherige historische Spitzenlast im Winter sei 2018 mit 79 GW erreicht worden. Bliebe die Sanierungsrate bei den aktuellen 1 %, käme für die Wärmeversorgung eine zusätzliche Last von 124 GW auf der Stromseite dazu. Bei einer Sanierungsrate von 1,7 %, wie sie Agora Energiewende 2020 in einem Szenario annahm, wären es noch 103 GW. Selbst bei einer Sanierunsrate von 2,3 % (aus einem Dena-Szenario aus 2018) bliebe eine Zusatzlast von 86 GW, so die Studie. Die Autor:innen bezweifeln zudem, dass sich die Sanierungsrate so stark wie benötigt steigern lässt, schon allein aus Mangel an Fachkräften.

Dem steigenden Strombedarf stünden eine begrenzte Netzkapazität und begrenzte Erzeugungskapazitäten gegenüber. Insbesondere die Photovoltaik liefere in der Heizperiode weniger Strom. Die Importkapazität für Strom liege derzeit bei 25 GW, die für Gas dagegen bei 350 GW. Daher setzt die Studie darauf, dass der Import von grünem Wasserstoff eine große Rolle spielen wird. Hierin stimmt sie mit der Nationalen Wasserstoffstrategie überein.

Im weiteren Verlauf stellen die Autor:innen eine alternative Effizienzbetrachtung der Heizsysteme auf. Das Ergebnis: In einem Großteil der Bestandsgebäude seien wasserstoffbasierte Heizsysteme an kalten Tagen ähnlich effizient wie Wärmepumpen. Das liege an der geringeren Effizienz der Wärmepumpe in dieser Situation und daran, dass der Strom an jenen Tagen aus Speichern zurückgewonnen werden müsse. Diese Extremfälle seien für die Systemauslegung relevant.

Daten zur Verfügbarkeit von Wasserstoff fehlen

Die Studie zeigt relevante Probleme einer starken Elektrifizierung auf. Laut Thomas Gößmann, Vorstandsvorsitzender des FNB Gas, beseitigt die Studie „die letzten Zweifel“, dass man auch im Wärmemarkt „ja“ zum Wasserstoff sagen müsse.

Was der Studie jedoch fehlt, sind die Zahlen zur beworbenen Alternative Wasserstoff. Das Papier verweist darauf, dass Heizgeräte ab 2025 für den Betrieb mit Wasserstoff bereit seien. Es erwähnt auch, dass ein europäisches Fernleitungssystem für Wasserstoff entstehen soll, dass Netzbetreiber an der Umstellung ihrer Leitungen arbeiten und dass in sonnenreichen Gegenden theoretisch unbegrenzt Wasserstoff verfügbar sei. Doch wann, in welchen Mengen und auf welchem Wege dieser Wasserstoff nach Europa kommen könnte, rechnen die Autor:innen nicht vor.

Hier kann man allenfalls auf eine andere Studie der Gasbranche verweisen, die Wärmemarktstudie „Klimaneutral Wohnen“ von „Zukunft Gas“. Diese erschien im Mai 2021 und orientierte sich noch an den alten Klimazielen der Bundesregierung, die beim Erscheinen praktisch schon überholt waren. Die Studie von Zukunft Gas rechnet detailliert vor, wie die Steigerung des Wasserstoffanteils zu Fortschritten beim Klimaschutz führen könnte. Die Klimaneutralität für 2050 wird in diesen Szenarien erreicht – doch das (alte) Klimaziel für 2030 verfehlt. Das CO2-Budget wird also überschritten.

Den Nachweis, dass man mit Wasserstoff im Wärmemarkt die Klimaziele erreichen könnte, bleibt die Gasbranche also bisher schuldig.

14.9.2021 | Quelle: FNB Gas | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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