Prosumer-Report: Photovoltaik-Potenzial kaum genutzt

Die Grafik zeigt, wie der Index für die Ausnutzung des Prosumer-Potenzial berechnet wirdGrafik: Lichtblick/EUPD Research
Der Prosumer-Index ist letztlich die gewichtete, prozentuale Ausnutzung des angenommenen Potenzials. Es ist also noch reichlich Luft nach oben.
Eine Analyse von EUPD Research im Auftrag von Lichtblick zeigt, dass das Potenzial der Prosumer-Haushalte noch kaum erschlossen ist.

In seinem „Prosumer-Report 2022“ untersucht der Ökoenergie-Anbieter Lichtblick das Potenzial von Ein- und Zweifamilienhäusern in der Energiewende – insbesondere durch Nutzung von Photovoltaik. Grundlage dafür sind Datenanalysen des Marktforschungsunternehmens EUPD Research.

Prosumer sind Personen oder Haushalte, die sowohl Strom produzieren als auch konsumieren. Sie erzeugen also einen Teil ihres Energiebedarfs selbst. Der Report geht davon aus, dass 10,8 Millionen der 15,7 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser in Deutschland für den wirtschaftlichen Betrieb von PV-Anlagen auf dem Dach geeignet sind. Sie bilden demnach das Prosumer-Potential. Während auf dem Land etwa dreiviertel der Häuser als geeignet gelten, ist es in der Stadt wegen der dichteren Bebauung nur etwa die Hälfte.

Sieben elektrische Schlüsseltechnologien für die Energiewende

Der Report untersucht sieben Schlüssel-Technologien für die Energiewende im Eigenheim. Photovoltaikanlagen sind dabei am weitesten verbreitet, nämlich bei 16 Prozent der „solarfähigen“ Eigenheime. Acht Prozent der Eigenheime nutzen elektrische Wärmepumpen. Ebenso häufig sind Wallboxen. Mit etwas Abstand folgen Stromspeicher (vier Prozent), Elektroautos (drei Prozent), Smart Meter (drei Prozent) und Energie Management Systeme (zwei Prozent). Das Zubau-Tempo hat laut der Analyse 2021 bei fast allen Technologien angezogen.

Dabei fällt auf, dass es fast drei Mal so viele Wallboxen wie Elektroautos gibt. Der Report begründet das mit den üppigen Fördermitteln der KfW und mehrerer Bundesländer in den Jahren 2020 und 2021. Das KfW-Programm ist mittlerweile allerdings ausgelaufen. Daher könne es sein, dass die Nachfrage sich nun wieder an den E-Autos orientiere.

Technologien, die nicht auf Strom basieren, kommen im Prosumer-Report vor. Wie viele Haushalte Solarthermie nutzen bleibt also unbekannt. Auch die Effizienz der Gebäude, z.B. Anhand der KfW-Standards, hat der Prosumer-Report nicht erfasst. Die Konsum-Seite des Prosumens bleibt somit unter dem Radar.

Prosumer-Index bewertet die Ausnutzung des PV-Potenzials

Für die sieben elektrischen Schlüsseltechnologien haben EUPD Research und Lichtblick einen Index definiert. Sie berechnen anhand der Verbreitung der jeweiligen Technologie und des Potenzials von 10,8 Millionen Häusern jeweils die prozentuale „Potenzialausschöpfung“. Anschließend vergeben sie für jede Technologie eine Gewichtung. Die Photovoltaik steht mit 40 Prozent ganz oben, Ladestationen und Smart Meter mit 5 Prozent am unteren Ende. In der gewichteten Gesamtwertung ergibt sich so eine Ausschöpfung von 9,5 Prozent für das „Prosumer-Potenzial“. Der Index soll nun jährlich aktualisiert werden, um die weitere Entwicklung zu verfolgen.

Elektrifizierung senkt Energiebedarf der Prosumer

Würden alle Prosumer Häuser mit Solaranlagen ausgestattet, könnten sie 96 Milliarden Kilowattstunden Solarstrom pro Jahr erzeugen, überschlägt das Autorenteam. Das entspricht der Erzeugung von zehn mittleren Kohlekraftwerken.

Zudem kann Strom als Energieträger die Effizienz in der Mobilität und in der Wärmeversorgung steigern. Ein Elektroauto fährt effizienter als ein Verbrenner. Eine Wärmepumpe nutzt zusätzlich Umgebungsenergie. Die Studienautoren gehen davon aus, dass die potenziellen Prosumer-Haushalte ihren Energiebedarf auf diese Weise um 65 Prozent senken könnten. In absoluten Zahlen wäre das eine Minderung von 336 auf 119 Milliarden Kilowattstunden. So könnten Prosumer vier Fünftel ihres gesamten Energiebedarfes selbst decken. Heute entspricht die Solarstromproduktion auf Eigenheimen nur vier Prozent des Bedarfes aller potenziellen Prosumer.

Hohes Potenzial zur Senkung der Energiekosten

Anhand von Modellrechnungen hat das Autorenteam die Kosten für die Prosumer-Technologien im Falle der Sanierung und des Neubau von Einfamilienhäusern analysiert. Über 20 Jahre gerechnet könnten Prosumer:innen 25 bis 36 Prozent der Kosten sparen. Würden die Energiepreise auf Dauer hoch bleiben und gelingt es, den nicht selbst benötigten Strom gut zu vermarkten, könnten sie sogar bis zu 54 Prozent sparen. In absoluten Zahlen wären das rund 95.000 Euro. Bisher vermarkten allerdings weniger als ein Prozent der Prosumer ihren Solarstrom aktiv. Dass die meisten Dienstleister bisher gar keine Direktvermarktung für Kleinstanlagen anbieten, erwähnt der Report nicht.

Der Umstieg auf die Elektromobilität könnte laut dem Report eine potenzielle Batteriekapazität von 860 Millionen kWh mit sich bringen. Das sei zwanzig Mal so viel, wie heute dem Strommarkt an Speichern zur Verfügung stehe. Durch die Vernetzung zuvirtuellen Kraftwerken und bidirektionales Laden könne man dieses Potenzial zum Beispiel für die Stabilisierung der Stromnetze mobilisieren.

Damit das gelinge, müssten die Prozesse aber einfacher werden. Zum Beispiel müsse man Solaranlagen und Speicher einfach und digital bei allen zuständigen Stellen anmelden können. Bundesweit einheitliche Anschlussbedingungen, eine Clearingstelle bei Konflikten mit Netzbetreibern sowie die einfache Teilnahme an den Energiemärkten würden den Wandel erheblich beschleunigen, heißt es in der Pressemitteilung von Lichtblick.

29.6.2022 | Quelle: Lichtblick, EUPD Research | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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