70 Jahre Meyer Burger – eine Firmenchronik

Meyer-Burger CEO Gunter Erfurt und Autor Uli Hauser präsentieren das Buch während der Messe Inersolar.Foto: Meyer Burger
Meyer-Burger CEO Gunter Erfurt und Autor Uli Hauser präsentierten die Firmenchronik während der Messe Intersolar.
Vor 70 Jahren wurde die Firma Meyer Burger in der Schweiz gegründet. Dies war der Anlass für die Herausgabe einer Firmenchronik, die nicht nur den zähen Überlebenswillen der Gründer widerspiegelt, sondern auch die Entschlossenheit, sich als Nachzügler auf einem von mächtigen Konzernen beherrschten Markt zu behaupten.

Die Chronik soll ein möglichst großes Publikum ansprechen, denn es geht natürlich auch darum, für das Unternehmen zu werben, und deshalb hat die Unternehmensleitung den Journalisten Uli Hauser beauftragt, die bewegte Firmengeschichte möglichst anschaulich zu beschreiben. Der Autor spart nicht mit Anekdoten und Einblicken in die Familiengeschichte des Firmengründers Hans Meyer, übertreibt aber gelegentlich etwas und neigt zu einer blumigen Sprache. Doch er findet immer wieder den roten Faden, sodass man die Entstehungsgeschichte des Unternehmens, wie es sich heute darstellt, gut verfolgen kann.

Es begann mit einer Maschinenfabrik am Thuner See

Der 1914 geborene Hans Meyer gründete 1951 eine Werkstatt, um einen Waschapparat in Kleinserie zu bauen. Nach und nach entstand daraus eine kleine Maschinenbaufabrik. Um eine Uhrensteinmaschine produzieren und vermarkten zu können, gründete er gemeinsam mit dem ein Jahr jüngeren Willy Burger 1953 in Hünibach am Thuner See die Meyer & Burger GmbH. Der Uhrensteinmaschine, die winzige Löcher in Edelsteine bohrte, damit diese als Lager in Uhrwerken eingesetzt werden konnte, folgte die Entwicklung einer Universalwerkzeugmaschine.
Die Krise in der Uhrenindustrie war der Anlass für die Entwicklung einer Maschine zum Trennen von Germanium, dem damals in der Elektronikindustrie vorherrschenden Halbleiter. Die Entwicklung der Quarzsäge QS1 kann rückblickend als Meilenstein betrachtet werden, denn das Know-how, das sich das Unternehmen durch die Bearbeitung von Germanium angeeignet hatte, erleichterte später den Einstieg in die Solarindustrie.

Die wachsende Geschäftstätigkeit ermöglichte den Neubau des Unternehmensgebäudes in Thun, mit dem 1970 begonnen wurde. Zur gleichen Zeit gelang die Entwicklung einer Säge, die Siliziumwafer mit geringen Verlusten schneiden konnte. Die Photovoltaik spielte damals noch keine Rolle, außer im Weltraum, sodass diese Säge vor allem für die Halbleiterindustrie gebaut wurde.

Bandsäge für die Solarindustrie

Als die DDR ihre Grenzen öffnete, entstand in Sachsen ein Unternehmen, dessen Wege sich später mit Meyer & Burger kreuzen sollten. Bernd Rau gründete 1990 die Roth & Rau Oberflächentechnik GmbH, um Solarzellen im Durchlaufverfahren zu beschichten. Eine Ausbringung von 320 Zellen pro Stunde war damals eine besondere Leistung. Mit dem Aufschwung der Photovoltaik in Deutschland nach der Verabschiedung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 wurde das inzwischen in eine Aktiengesellschaft umgewandelte Unternehmen zum Lieferanten der aufstrebenden Photovoltaik-Industrie.

Kurz zuvor hatte Meyer Burger die erste Bandsäge zur Wafer-Massenfertigung auf den Markt gebracht. Sie wurde fortlaufend weiterentwickelt. Die Markteinführung der Drahtsäge DS262 im Jahr 2002 war ein Meilenstein der Unternehmensgeschichte, weil erstmals 700 Wafer in einem Arbeitsgang aus dem Block geschnitten werden konnten. Mit dem wachsenden Erfolg der Drahtsäge wurde Meyer Burger zu einem wichtigen Zulieferer der aufstrebenden Photovoltaik-Industrie.

Auf Wachstumskurs

Nach dem Börsendebüt der Meyer Burger Technology AG im November 2006 ging es mit dem Unternehmen stetig aufwärts. Im Jahr 2011 hatte die Aktiengesellschaft weltweit 2500 Mitarbeiter. Sie war inzwischen kapitalkräftig genug, um die Roth & Rau AG und ein Jahr später die 3S Swiss Solarsystems AG zu kaufen.

Die Photovoltaik-Branche hatte damals in Deutschland ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Im Jahr 2012 wurden etwas mehr als 8 GW installiert. Meyer Burger zog in das neue Gebäude am Solartechnologiestandort in Thun um. Die Präsentation von Solarzellen mit Heterojunction-Technologie (HJT) und einer neuartigen Zellverbindungstechnik (Smart Wire Cell Connection Technology, SWCT) waren Höhepunkte jener Boom-Zeit.

Wandel vom Maschinenlieferanten zum Solarkonzern

Als 2012 der Niedergang der deutschen Photovoltaik-Industrie begann, musste auch die Meyer Burger AG schrumpfen. Einige Unternehmensteile wurden verkauft, andere abgewickelt. Mit der Entwicklung der Diamantdrahtsäge DW288 Serie 3 im Jahr 2016 konnte das Unternehmen wieder ein erfolgreiches Produkt präsentieren. Zugleich startete die Unternehmensleitung ein Rekapitalisierungsprogramm, um die Kapitalstruktur zu stärken. Der erste kommerzielle Großauftrag für eine Heterojunction- und SmartWire-Produktionsanlage brachte das Unternehmen aus der Talsohle heraus.

Aber der Wandel vom Maschinenlieferanten zum Hersteller hocheffizienter Solarzellen und Solarmodule war unausweichlich. Die DW288 wurde gemeinsam mit dem Geschäftsbereich „Säge- und Trenntechnologie“ verkauft. Mehrere Kapitalerhöhungen ermöglichten den Aufbau einer eigenen Solarzellen- und Modulfertigung. Vier Jahre nach dem Beginn des Rekapialisierungsprogramms übernahm Meyer Burger die ehemaligen Fabriken von Sovello und SolarWorld, um eigene Solarzellen- und Solarmodule-Produktionsstätten aufzubauen. Mit der Eröffnung der Produktionsstätten in Bitterfeld-Wolfen (Solarzellen) und in Freiberg (Solarmodule) im Jahr 2021 wurde dieser Wandel abgeschlossen.

Im Haifischbecken

Meyer Burger muss sich nun auf einem Markt behaupten, der von chinesischen Solarkonzernen beherrscht wird, die unablässig und oft auch ohne Rücksicht auf Verluste investieren. Deshalb ist die möglichst schnelle Ausweitung der Produktionskapazität von entscheidender Bedeutung für das Überleben in dieser Branche, die viel Ähnlichkeit mit einem Haifischbecken hat.

Das Jubiläumsbuch kann zwar den Konkurrenzdruck nicht lindern. Aber es könnte dazu beitragen, dass sich die europäische Photovoltaik-Branche wieder stärker auf ihre Wurzeln besinnt und sich um eine größere Unabhängigkeit von chinesischen Konzernen bemüht. Aber der Vorsprung der ostasiatischen Photovoltaik-Industrie ist groß. Die Zukunft des Unternehmens Meyer Burger und aller anderen europäischen Solarfabriken hängt auch davon ab, ob den Kunden das Label „Made in Europe“ etwas bedeutet, oder ob sie weiterhin stets nur die billigsten Module kaufen. Dass das Billigste nicht unbedingt das Beste ist, gehört zu den wichtigsten Botschaften des Jubiläumsbuches.

Das Buch ist kostenlos im Meyer-Burger-Onlineshop erhältlich oder per Mail über die Kommunikationsabteilung von Meyer Burger: communications@meyerburger.com.

21.11.2023 | Autor: Detlef Koenemann
© Solarthemen Media GmbH

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