Oberflächennahe Geothermie: Open-Source-Software erleichtert Planung

Grafik zeigt Gebäude und Erdsonden - Planung von oberflächennaher GeothermieGrafik: HTWK Leipzig
Wo und wie schnell die Wärme im Untergrund nachströmt, muss für Erdsonden stets individuell berechnet werden.
Erdwärme-Anlagen zu planen ist aufwendig und teuer. Die HTWK Leipzig will das mit einer Open-Source-Software ändern und so dafür sorgen, dass die Technologie attraktiver wird.

Die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) arbeitet gemeinsam mit mehreren Projektpartnern an einer Open-Source-Software, die die Planung von Geothermie-Anlagen mit Erdsonden verbessern soll. Die Anlagen sollen sich damit für den konkreten Standort zuverlässiger dimensionieren lassen. Das soll die Investitions- und Betriebskosten senken, sodass oberflächennahe Geothermie für die Bauherren wirtschaftlicher wird.

Planung von Anlagen für oberflächennahe Geothermie beinhaltet Unsicherheit

Vor dem Bau der bis zu 100 Meter tiefen Sonden für oberflächennahe Geothermie müssen Ingenieurbüros umfangreich prüfen, ob der gewählte Standort dafür geeignet ist. Erste Daten wie schützenswerte Gewässer und unterirdische Grundwasserströme lassen sich bei den Geologischen Diensten der Länder erfragen. „Eine Probebohrung ist jedoch immer vonnöten, denn jedes Bauprojekt und jeder Boden ist individuell. Die Bohrung liefert nähere Informationen über die Art des Gesteins und dessen Wärmeleitfähigkeit“, erläutert Anke Bucher, Leiterin des Forschungsprojekts und HTWK-Professorin für Angewandte Mechanik. Mit diesen Daten berechnen die Planungsbüros, wie wahrscheinlich es ist, dass die geforderte Heizleistung über den gesamten Nutzungszeitraum hindurch erreicht wird.

Für diese Kalkulationen nutzen Planungsbüros bisher kommerzielle Software. Diese beruhe teilweise auf vereinfachten Annahmen, die den realen Standortbedingungen nicht immer genügen, heißt es in der Pressemitteilung der HTWK. Eine Alternative hat das Forschungspartner Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig (UFZ) bereits im gemeinsamen Vorgängerprojekt EASyQuart mit der HTWK Leipzig entwickelt. Mit der wissenschaftlichen Open-Source-Software OpenGeoSys lassen sich thermisch-hydraulisch-mechanisch gekoppelte Prozesse simulieren.

Digitaler Zwilling soll Anlagen auch im laufenden Betrieb verbessern

„Das Programm erzielt bereits jetzt genauso gute Simulationsergebnisse für Erdwärmeanlagen wie Bezahllösungen, jedoch langsamer“, sagt Bucher. Im aktuellen Forschungsprojekt EASyQuart-Plus wollen die Forschenden daher nun die Software durch Modellreduktionen optimieren. Um ein Rechenmodell reduzieren zu können, muss zunächst mit großen, realitätsnahen und komplexen Datenpaketen gerechnet werden. Dann prüft Bucher gemeinsam mit ihrem dreiköpfigen Team, welche Werte für ein schnelleres Arbeiten bei gleichem Ergebnis entfallen können. Dabei erstellen sie Standortsimulationen, die mit realen Messdaten aus bestehenden Geothermie-Anlagen trainiert werden. Die Messungen vergleicht das Team mit den Ergebnissen der numerischen Simulation.

Ein weiteres Ziel der dreijährigen Forschungsarbeit besteht darin, die Geothermie-Anlage schon in der Planung enger mit der Haustechnik für Heizung, Kühlung und Warmwasser zu verbinden. Neben dem Untergrund spielt schließlich auch der Energieverbrauch im Gebäude eine entscheidende Rolle für die Effizienz einer Wärmepumpe. Mit den Softwarelösungen und den Erkenntnissen der numerischen Simulationen wollen die Forschenden digitale Zwillinge, also virtuelle Modelle, für reale Erdwärmesonden-Anlagen entwickeln. Diese sollen den Betrieb der Anlagen rechnerisch begleiten. Indem sie die Modelle immer wieder anpassen, sollen sie dafür sorgen, dass die Prognosesimulation und das Betriebsverhalten immer besser werden.

Außerdem will das Team Empfehlungen für Leitfäden und regulative Rahmenbedingungen für Verbände und Behörden formulieren. Das soll helfen, geltende Bestimmungen den Erkenntnissen aus der Forschung anzupassen und sie Rahmen der föderalen Strukturen möglichst zu vereinheitlichen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert das Forschungsprojekt mit 2,2 Millionen Euro.

Oberflächennahe Geothermie birgt grundsätzlich das Potenzial, sehr viele Haushalte dezentral mit erneuerbarer Wärme zu versorgen. Baden-Württemberg geht davon aus, dass Erdwärmesonden für bis zu 300.000 Wohngebäude allein in dem Bundesland in Frage kommen. Bis zu 15 Meter unter der Erdoberfläche herrscht ganzjährig eine Durchschnittstemperatur, manche Sonden reichen noch tiefer. Das ist eine gute Quelltemperatur für Wärmepumpen. Doch Planung und Bau sind vergleichsweise aufwändig. Daher deckten selbst oberflächennahe und tiefe Geothermie-Anlagen zusammengenommen in Deutschland 2022 lediglich 1,5 Prozent des gesamten Wärmebedarfs.

Quelle: HTWK Leipzig | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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