Agora: Ausbau Erneuerbarer senkt Börsenstrom bis zu 23 Prozent

Wenn die Bundesregierung am geplanten Ausbaupfad der Erneuerbaren Energien festhält, im Vergleich mit einer Kappung der derzeitigen Ausbauraten für Wind- und Solarenergie um rund 45 Prozent, kann der durchschnittliche Börsenstrompreis bis 2030 um bis zu 23 Prozent sinken. Und zwar auch dann, wenn die Stromnachfrage 2030 geringer ausfalle, etwa weil weniger Elektroautos und Wärmepumpen hinzukommen als geplant seien, so Agora.
Aurora analysiert zwei Szenarien in der Studie
Dies geht aus einer neuen Analyse der Agora Energiewende hervor, in der die Entwicklung der Strompreise bis 2030 für zwei Szenarien betrachtet wird. Das erste Szenario legt einen schnellen Hochlauf von klimaneutraler Industrieproduktion, Elektroautos und Wärmepumpen zugrunde, bei dem der Strombedarf bis 2030 stark ansteigt. Ein zweites Szenario geht vor dem Hintergrund des derzeitigen Markthochlaufs von einem niedrigeren Strombedarf aus. Im Ergebnis fällt der durchschnittliche Börsenstrompreis 2030 in beiden Szenarien um 20 Euro pro Megawattstunde niedriger aus, wenn der Ausbau von Wind- und Solarenergie weiterhin wie im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegt erfolgt.
„Der Ausbau der Erneuerbaren Energien schafft die Grundlage für dauerhaft attraktive Strompreise, von denen alle profitieren: Unternehmen und private Haushalte. Die Bundesregierung sollte daher unbedingt am eingeschlagenen Ausbaupfad festhalten“, sagt Markus Steigenberger, Geschäftsführer der Agora Think Tanks. „Staatliche Zuschüsse, wie die Absenkung der Stromsteuer und Netzentgelte, sind angesichts der gestiegenen Kosten infolge der fossilen Energiepreiskrise zwar durchaus sinnvoll. Mittel- und langfristig sind Investitionen in Erneuerbare Energien jedoch besser geeignet, um die Strompreise dauerhaft zu senken.“
Strompreisentlastungen durch Erneuerbaren-Ausbau übersteigen zusätzliche Förderkosten
Die neue Analyse basiert auf Szenarien, die das Beratungsunternehmen Aurora Energy Research für Agora Energiewende berechnet hat.
Modell 1 der Aurora-Studie: Stromnachfrage-Anstieg auf 609 Terawattstunden
Im Szenario mit einem schwächeren Anstieg der Stromnachfrage auf 609 Terawattstunden und einer Drosselung des Ausbaus der Erneuerbaren bis 2030 ergibt sich ein Börsenstrompreis von rund 85 Euro pro Megawattstunde. Die Berechnung geht dabei – entsprechend einer Anpassung der Ausbauziele an eine niedrigere Stromnachfrage – von rund 45 Prozent niedrigeren Ausbauquoten für Wind- und Solarenergie bis 2030 aus als bislang geplant. Wenn der Ausbau dagegen planmäßig fortgesetzt wird, sinkt der durchschnittliche Börsenstrompreis bei gleicher Stromnachfrage um rund 23 Prozent auf 65 Euro pro Megawattstunde. Das entspricht einer Entlastung der Stromverbraucher:innen von 12 Milliarden Euro jährlich. Demgegenüber stehen zusätzliche Ausgaben für die Förderung Erneuerbarer-Energien-Anlagen in Höhe von 7 bis 7,8 Milliarden Euro. Somit erzielt umgerechnet jeder Euro, der aus dem Bundeshaushalt für die Förderung des Ausbaus Erneuerbarer Energien verwendet wird, eine Strompreissenkung von 1,60 Euro.
Modell 2 der Aurora-Studie: Stromnachfrage-Anstieg auf 708 Terawattstunden
Auch im Szenario mit einer höheren Stromnachfrage bis 2030 von 708 Terawattstunden sinkt der Börsenstrompreis von 101 Euro auf 81 Euro pro Megawattstunde beziehungsweise um 20 Prozent, wenn der aktuelle Ausbaupfad der Erneuerbaren Energien beibehalten wird. Insgesamt ergibt sich daraus eine jährliche Entlastung der Stromverbraucher:innen von 14 Milliarden Euro. Der zusätzliche Förderbedarf würde in diesem Szenario pro Jahr zwischen 7,5 und 7,7 Milliarden Euro liegen, verglichen mit einem schwächeren Erneuerbaren-Ausbau. Damit würde jeder Euro an staatlicher Förderung eine durchschnittliche Strompreissenkung von rund 1,90 Euro je Megawattstunde erzielen.
Wie entstehen die berechneten Vorteile beim Preis?
Die hier berechneten Preisvorteile des Erneuerbaren-Ausbaus für Stromkund:innen ergeben sich in erster Linie aus dem sogenannten Merit-Order-Effekt. Da der Strompreis an der Börse vom teuersten noch benötigten Kraftwerk bestimmt wird, drängt die vermehrte Einspeisung von günstigem Ökostrom teure Gas- und Kohlekraftwerke aus dem Markt. Das dämpft den durchschnittlichen Börsenstrompreis. Wie aus der Aurora-Analyse hervorgeht, haben die Stromnetzkosten dabei keine Auswirkungen auf die Strompreise. Dies gilt unabhängig vom Ausbautempo der Erneuerbaren bis 2030. Denn der Netzausbau ist aufgrund der langen Planungs- und Realisierungsfristen weitgehend festgelegt. Da Deutschland mit dem geplanten Netzausbau jedoch im Verzug ist, würden zusätzliche Verzögerungen die notwendigen Investitionen nur weiter in die Zukunft verlagern.
Warum die Reduzierung der Ausbauziele für Erneuerbare problematisch sein könnte
„Die Diskussion über eine Reduktion der Erneuerbaren-Ausbauziele verkennt das eigentliche Problem“, sagt Markus Steigenberger. „Denn die aktuell stagnierende Stromnachfrage ist in erster Linie auf eine schwache Konjunktur und Versäumnisse beim Umstieg auf klimafreundliche Technologien in den Bereichen Gebäude und Verkehr zurückzuführen. Gerade in diesen Sektoren sind günstige Strompreise die Voraussetzung dafür, dass sich der Umstieg auf E-Autos und Wärmepumpen lohnt.” Vor dem Hintergrund weltweit zunehmender geopolitischer Spannungen fördere der Ausbau der Erneuerbaren nicht nur den Klimaschutz, sondern mache Deutschland auch resilienter gegenüber fossilen Energiepreisschocks, so Steigenberger zu weiteren Vorteilen.
Fazit der Aurora-Studie
Der geplante Ausbau Erneuerbarer Energien bis 2030 ist ein zentraler Hebel für niedrige Strompreise. Denn er senkt den durchschnittlichen Börsenstrompreis um rund 20 Euro pro Megawattstunde – im Vergleich zu einem Szenario mit verlangsamtem Ausbau. Dies gilt sowohl bei einer starken als auch bei einer schwachen Entwicklung der Stromnachfrage bis 2030, wie eine Analyse der Börsenstrompreisentwicklung von Aurora Energy Research im Auftrag von Agora Energiewende zeigt. Die Analyse basiert auf Berechnungen von Aurora Energy Research und vergleicht in zwei Szenarien die Entwicklung der Börsenstrompreise bis 2030.
Quelle: Agora Energiewende | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH