Dynamische Tarife und Smart Meter: Finnlands Beispiel für bezahlbaren und sauberen Strom

Windkraftanlagen Off-Shore vom Strand aus gesehen.Foto: Fingrid Oyj
Kostengünstig und sauber: 56 Prozent des finnischen Stroms stammten 2024 aus erneuerbaren Quellen, 95 Prozent waren CO2-neutral.
Strompreise, die sich stündlich an der Börse orientieren: Seit dem 1. Januar müssen große deutsche Energieversorger:innen dynamische Tarife anbieten. Wer den eigenen Stromverbrauch an die Preisschwankungen anpasst, spart langfristig Kosten und reduziert Emissionen. Das Beispiel Finnland.

Voraussetzung sind intelligente Zähler (Smart Meter), die den Verbrauch in Echtzeit messen und übermitteln. Eine Technologie, die in Deutschland bisher kaum verbreitet, in Finnland hingegen längst flächendeckend installiert ist. Seit mehr als einem Jahrzehnt zeigt das nordische Land, wie dynamische Tarife und digitale Technologien es ermöglichen, kostengünstigen und sauberen Strom zu beziehen. Der finnische Strom ist zu 95 Prozent CO2-neutral und das Netz stabil.

„Dynamische Stromtarife tragen zur Stabilisierung des Energienetzes bei, denn sie bringen Angebot und Nachfrage in Einklang. Strom ist am günstigsten, wenn die Verfügbarkeit hoch ist. Wenn Haushalte ihren Verbrauch in diese Phasen verlagern, können erneuerbare Energien effizient genutzt werden, und die Abhängigkeit von fossilen Reserven sinkt“, sagt Jussi Åkerberg, Head of Flexible Energy Systems Program bei Business Finland. Finnische Verbraucher:innen können zwischen verschiedenen Stromverträgen wählen – darunter Festpreis-, Ökostrom- oder börsenpreisgebundene Modelle.

Smart Meter: In Deutschland noch nicht verbreitet

Seit dem 1. Januar 2025 sind deutsche Energieversorger:innen mit mehr als 100.000 Kund:innen verpflichtet, dynamische Stromtarife anzubieten – sofern die Haushalte mit intelligenten Zählern ausgestattet sind. Das waren laut Bundesnetzagentur Ende 2024 gerade einmal zwei Prozent der deutschen Haushalte. Verpflichtend ist der Einbau von Smart Meter ab einem jährlichen Stromverbrauch von 6.000 Kilowattstunden (kWh).

Seit diesem Jahr können auch Haushalte mit geringerem Verbrauch den Einbau beim Messstellenbetreiber beantragen. Dies ist der Mehrheit der Deutschen laut einer forsa-Umfrage jedoch nicht bewusst. Zwar befürwortete mehr als die Hälfte der befragten Haushalte grundsätzlich den Einbau – allerdings unter der Annahme, dass die jährlichen Betriebskosten bei 20 Euro liegen. Die Preisobergrenze für Haushalte mit einem jährlichen Verbrauch von 6.000 bis 10.000 kWh wurde jedoch inzwischen auf 40 Euro angehoben. Und die Grenze für die einmaligen Kosten des freiwilligen Einbaus stieg von 30 Euro auf 100 Euro.

Bezahlbarer und sauberer Strom dank intelligenter Systeme in Finnland

In Finnland sind die intelligenten Messysteme hingegen etabliert: Das EU-Ziel aus dem Jahr 2009, 80 Prozent der Haushalte bis 2020 mit Smart Meter auszustatten, erreichte das nordische Land bereits 2013. Inzwischen nutzen rund 99 Prozent der finnischen Haushalte die Technologie.

Entsprechend gängig sind in Finnland dynamische Stromtarife: Obwohl diese erst ab 200.000 Kund:innen verpflichtend sind, bieten alle rund 50 Energieversorger:innen börsenorientierte Preise an. „Insbesondere seit der Energiekrise, die 2022 aufgrund des Krieges in der Ukraine entfachte, ist die finnische Bevölkerung preissensibel, was die Stromkosten angeht“, sagt Åkerberg. Dies gehe auch mit einem an die Preisschwankungen angepassten Verbrauchsverhalten einher.

In Finnland bleiben die Stromkosten trotz eines vergleichsweise hohen Verbrauchs gering. Während der Kilowattstundenpreis in Deutschland 2024 bei 40 Cent lag, zahlten finnische Verbraucher nur etwa 25 Cent. Gleichzeitig ist der finnische Strom sauber. 2024 stammten 56 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen und 95 Prozent waren CO2-neutral.

Finnlands stabiles Stromnetz: Smart Grid-Technologien

Durch die Anpassung des Verbrauchs an die Verfügbarkeit erhöht sich der Anteil sauberen Stroms im Energiemix. Werden energieintensive Aktivitäten wie das Laden von Elektrofahrzeugen oder das Nutzen von Waschmaschinen aufgrund der niedrigeren Preise in Zeiten hoher Stromverfügbarkeit gelegt, etwa bei starkem Wind oder Sonnenschein, sinkt der Bedarf an fossilen Reservekraftwerken. Das finnische Stromnetz ist präzise darauf ausgelegt.

Die Netzwerkplanung und die räumliche Verteilung variabler Stromerzeugung berücksichtigen bereits mögliche Engpässe, sodass das System die vorhandene Netzkapazität bestmöglich nutzt. Auch zukünftige Bedarfe werden mit eingeplant. Smart Grid-Technologien ermöglichen eine flexible und bedarfsorientierte Steuerung des Stromflusses in Echtzeit. „Ziel dahinter ist es, die Energieversorgung sicherzustellen und gleichzeitig Kosten sowie CO2-Emissionen zu senken – und die Erzeugung erneuerbarer Energien zu steigern“, sagt Åkerberg.

Was Finnland besser macht

Das finnische Stromnetz ist stabil, auf einen hohen Verbrauch und entsprechende Erzeugungskapazitäten ausgelegt. Regionale Netzbetreiber:innen investieren gezielt in Automatisierung, Fehlererkennung und Laststeuerung. Die nationale Netzbetreiber:in Fingrid betreibt zudem ein zentrales Informationsaustauschsystem, Datahub, das die Daten von 3,8 Millionen Energieverbrauchspunkten bündelt. Rund 80 Stromversorger:innen und ebenso viele Verteilnetzbetreiber:innen nutzen das System, um Informationen zu Stromabnahmestellen, -verbrauch und -verträgen sicher und in Echtzeit auszutauschen. So verbessert sich der Kundenservice der Stromanbieter:innen für die Endverbraucher:innen. Alle beteiligten Dienstleister:innen greifen auf dieselbe Plattform zurück. Das System erleichtert die Konsolidierung mehrerer Abrechnungsstellen unter einem einzigen Stromvertrag.

Die finnische Energiebehörde Energiavirasto fördert gezielt den Ausbau intelligenter Stromnetze. Netzbetreiber:innen unterliegen Berichtspflichten und Anforderungen zur Bereitstellung von offenen Netzdaten, um Transparenz und Innovation zu fördern. Dies geschieht in Einklang mit der EU-Richtlinie 2019/944, die Mitgliedsstaaten verpflichtet, den Ausbau von Smart Grids voranzutreiben.

„In Finnland hat es sich etabliert, den Stromverbrauch an den Börsenpreisen zu orientieren und in Zeiten hoher Verfügbarkeit zu verlagern. Reduzierte Kosten für die Endverbraucher gehen so mit gesenkten Emissionen Hand in Hand“, sagt Åkerberg.

Zusammenfassung

  • Intelligente Messsysteme in Finnland flächendeckend verbreitet.
  • Smart Meter und dynamische Tarife ermöglichen börsenpreisorientierte Stromkosten.
  • Angepasstes Verbrauchsverhalten nach Stromverfügbarkeit spart Kosten und senkt Emissionen.

Über Business Finland
Business Finland ist die offizielle finnische Organisation für Innovationsfinanzierung, Handels-, Investitions- und Tourismusförderung. Sie wurde am 1. Januar 2018 durch die Fusion von Finpro und Tekes gegründet. Als öffentliche Einrichtung unter dem finnischen Ministerium für Beschäftigung und Wirtschaft zielt Business Finland darauf ab, den Wohlstand Finnlands durch nachhaltiges Wachstum zu fördern. Die Organisation beschäftigt 760 Mitarbeitende an 37 ausländischen Standorten und 16 Büros in Finnland. Business Finland unterstützt Unternehmen bei ihrem globalen Wachstum, fördert Innovationen und Forschung und arbeitet daran, das Land als attraktiven Standort für Investitionen und Tourismus zu positionieren.

Quelle: Business Finnland | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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