Ökostrom-Anteil beim Laden von Elektroautos ist höher als im Strommix

Zu sehen ist eine Ladesäule mit angeschlossenem Auto. Für neue Ladesäulen ab 2023 gilt die Novellierte Ladesäulenverordnung.Foto: navee / stock.adobe.com
Ein Autorenteam des Fraunhofer ISI und der ESA² GmbH hat in einer Umfrage erfasst, wie verbreitet die Nutzung von Ökostrom für das Laden von Elektro-Autos in Deutschland ist.

Dafür haben sie insgesamt 867 Nutzer:innen von Elektroautos danach gefragt, wo sie am häufigsten laden und ob sie dafür Ökostrom nutzen. Für das Laden zuhause, auf der Arbeit und an öffentlichen Ladestationen untersuchten die Forscher:innen jeweils den Anteil von Ökostromverträgen. Zudem nahmen sie den ökologischen Anspruch der Verträge genauer unter die Lupe. Die Ergebnisse setzten sie ins Verhältnis zum Strommix in Deutschland und in der EU.

Legt man die CO2-Emissionen des deutschen Stromnetzes für Berechnungen zugrunde, zeigen verschiedene Studien schon eine deutliche Einsparung an Treibhausgasemissionen. Diese reiche im Laufe von 13 Jahren Lebensdauer von 28 % im Vergleich mit einem sparsamen Diesel bis 42% im Vergleich zu einem kleinen Benziner, so das Arbeitspapier. Bestehe der beim Ladevorgang verwendete Strom hingegen komplett aus erneuerbaren Quellen, reduziert sich der CO2-Fußabdruck im Vergleich zu Verbrennern um 65 bis 75%. Von den Befragten gaben 71% an, einen konventionellen Verbrennungsmotor durch ein Elektroauto ersetzt zu haben.

Ökostromverträge unter Nutzer:innen von E-Fahrzeugen weit verbreitet

Laut der Umfrage laden 59% der Befragten in Deutschland ihre Elektrofahrzeuge bevorzugt zuhause. Im EU-Durschnitt waren es 64%. Von den Elektrofahrzeug-Nutzer:innen besitzen 84% einen Ökostromvertrag (EU: 63%). Im bundesweiten Durschnitt bezogen 2020 nur 30% der Haushalte Ökostrom. Die hohe Ökostrom-Quote der Elektroauto-Besitzer:innen deckt sich einerseits damit, dass diese auch angeben, ein hohes Umweltbewusstsein zu haben. Der Bezug von Ökostrom war 2021 allerdings auch Voraussetzung, um einen Zuschuss für die Installation einer Wallbox zu erhalten.

Am Arbeitsplatz laden 14% der deutschen E-Auto-Nutzer:innen ihre Fahrzeuge, EU-weit sind es 18%. Auch dort dominieren Ökostromverträge mit 81% in Deutschland und 60% in der EU. Für öffentliche Ladepunkte kombinierten die Autor:innen Daten aus verschiedenen Quellen. So kalkulierten sie einen Ökostrom-Anteil von mindestens 85% in Deutschland und von 62% in der EU. Bei öffentlichen Schnellladestationen fiel der Wert mit 75% für Deutschland und 57% für die EU etwas niedriger aus.

Ökostrom-Verträge nicht immer ökologisch ambitioniert

Große Unterschiede zeigten sich allerdings bei den ökologischen Ansprüchen der Ökostromverträge. Ob die Verträge rein auf Herkunftsnachweisen beruhen oder hohe ökologische Standards setzten, konnten viele der Befragten nicht sagen oder machten dazu keine Angaben. Dies könnte an den variierenden Anforderungen und der Vielzahl unterschiedlicher Labels liegen, vermuten die Autor:innen. Staatliche Vorgaben könnten hier für mehr Transparenz und eine größere Akzeptanz von anspruchsvollen Ökostromverträgen sorgen.

Mit 48% gab fast die Hälfte der Befragten an, auch eine Photovoltaik-Anlage zu besitzen. Viele Elektroauto-Besitzer laden ihre Fahrzeuge also mit selbst erzeugtem Solarstrom. Oft geschehe das in Kombination mit einem Stromspeicher, wie Prof. Martin Wietschel erklärt, der am Fraunhofer ISI das Competence Center Energietechnologien und Energiesysteme leitet.

Bringt die Zukunft mehr oder weniger Ökostrom für Elektroautos?

Ob in den kommenden Jahren der Anteil der Ökostrom-Verträge für das Laden von Elektroautos steigen oder sinken wird, ist schwer vorhersehbar. Sabine Preuß, die am Fraunhofer ISI die Umfrage koordinierte, hält beides für möglich. „Es ist sowohl denkbar, dass der Anteil von Ökostrom beim Laden weiter zunimmt, weil er zu einer sozialen Norm wird und das Umweltbewusstsein entscheidend prägt. Da aber gleichzeitig auch der Anteil der Menschen steigt, die weniger Möglichkeiten haben, beim Laden von Elektrofahrzeugen auf selbst generierte erneuerbare Stromquellen zurückzugreifen – etwa weil sie in Mietwohnungen wohnen und keine PV-Anlagen installieren können – ist ebenso ein sinkender Anteil von Ökostromverträgen vorstellbar.“ Das deckt sich mit einer Civey-Umfrage vom vorigen Sommer. Auch diese macht die höheren Preise und zu wenig Transparenz als wichtigste Hemmnisse für Ökostrom aus.

In diesem Fall könnte das Laden am Arbeitsplatz und an öffentlichen Schnell- und Normalladestationen zunehmen. Damit würden die dortigen Ökostromtarife an Relevanz für den ökologischen Fußabdruck von Elektrofahrzeugen gewinnen. Auch hier könnten weitere staatliche Vorgaben zu einem höheren Anteil von Ökostrom führen.

Zukünftige Untersuchungen sollten laut Fraunhofer ISI berücksichtigen, dass aktuell verstärkt Stromtarife auf den Markt kommen, die ausschließlich für das Laden von Elektrofahrzeugen konzipiert sind. Für eine positive Treibhausgasbilanz von Elektrofahrzeugen sollten sie auf Ökostrom beruhen, der hohen ökologischen Anforderungen genügt.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind hier ausführlich nachzulesen.

21.2.2022 | Quelle: Fraunhofer ISI | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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