CO2-neutrales Quartier in Fulda nutzt die Energiequelle Abwasser

Im Bild das Schema der Wärmeversorgung mit der Energiequelle Abwasser in Fulda.Grafik: Rhönenergie Fulda
Im Quartier Löhertor spielt die Nutzung der Wärme des Abwassers eine zentrale Rolle. Dank Wärmepumpen, Biomethan und Photovoltaik-Anlagen erzielt das von der Rhönenergie-Fulda-Gruppe entwickelte Energiekonzept einen Primärenergie-Faktor von 0,00.

Das seit 2018 schrittweise realisierte Bauprojekt Löhertor am Rande der Fuldaer Innenstadt errichtet die Hamburger Unternehmensgruppe „Dr. Helmut Greve Bau-und-Boden-Aktiengesellschaft“, die in das Quartier rund 100 Millionen Euro investiert. Das Projekt ist bereits weitgehend fertiggestellt. Dabei besteht es aus der Unternehmenszentrale des regionalen Versorgers Rhönenergie Fulda, einem Hotel sowie dem großen Neubau des Finanzamts Fulda und wird gegenwärtig durch separate Wohneinheiten komplettiert. Die gesamte Nutzfläche beträgt rund 30.000 m². Entsprechend hoch ist hier der Bedarf an Strom und Energie zum Heizen und Kühlen. Da unmittelbar an der Grundstücksgrenze des Quartiers eine Abwasser-Hauptleitung mit permanent hohem Durchfluss verläuft, lag die Idee nahe, die im Abwasser enthaltene Energie für das Quartier zu nutzen. Eine Machbarkeitsstudie bestätigte das Potenzial dieses Ansatzes. So wurde die Nutzung der Energiequelle Abwasser zu einem zentralen Baustein der Lösung.

Zugute kam den Planern der Rhönenergie Effizienz + Service GmbH (RES), einer Tochter der Rhönenergie Fulda, dass unter der Straße Am Rosengarten, direkt an einer Außenseite des Quartiers, eine große Abwasser-Rohrleitung des Abwasserverbands Fulda (AVF) verläuft. In Abstimmung mit dem AVF darf diese Leitung angezapft werden, um die im Abwasser enthaltene Energie nutzbar zu machen. Zu dem Zweck hat man im Sommer 2022 vor dem heutigen Gebäude des Finanzamts einen 6 m hohen, 2,5 m breiten Schacht in den Untergrund gebaut. Darin ist eine Schachtsiebanlage installiert, die das ankommende Abwasser grob filtert, bevor rund 100 Kubikmeter pro Stunde einem Wärmetauscher im Keller des Gebäudes strömen.

Energiequelle Abwasser auch im Winter bei 8 bis 11 Grad Celsius

Der Wärmetauscher entzieht dem auch im Winter durchschnittlich 8 bis 11 °C warmen Abwasser Energie und erwärmt damit eine Soleflüssigkeit. Deren Temperatur hebt anschließend eine Wärmepumpe auf 48 bis 58 °C an und hat so am Ende die für Heizzwecke nötige Vorlauftemperatur. Den für diesen Prozess benötigten Strom liefert eine PV-Anlage auf dem Dach. Für den Notfall oder bei Revisionsarbeiten an der Abwasseranlage besteht über eine Wärmetrasse die Möglichkeit Wärme aus den anderen Gebäuden zu der Energiezentrale Finanzamt umzuleiten, die man mit Biogas beheizt.

In warmen Monaten, wenn die Energiequelle Abwasser etwa 16 bis 18 °C aufweist, funktioniert das System auch andersherum. Dann lässt sich die gewonnene Energie zum Kühlen der Gebäude verwenden. Die Anlage kann mit bis zu 600 kW Leistung heizen und mit rund 400 kW Leistung kühlen. Mit dieser Leistung könnten 90 bis 100 Einfamilienhäuser versorgt werden. „Die im Dezember 2022 in Betrieb genommene Anlage hat sich bereits sehr bewährt, auch an den wenigen sehr kalten Tagen“, erläutert Ludwig Montag, Planer und Prokurist bei der RES. Ein entscheidender Vorteil für uns ist, dass uns unser Rohstoff Abwasser kontinuierlich in großer Menge zu Verfügung steht.“

CO2-neutral durch Primärenergie-Faktor 0,00

Neben Wärme und Kälte benötigt das Löhertor-Quartier ebenso Strom. Auch den erzeugt man unter Ausschöpfung aller technischen Möglichkeiten. Durch ein mit Biomethan betriebenes Blockheizkraftwerk sowie durch mehrere PV-Anlagen auf den Dächern der Quartiers-Gebäude. Das verwendete Biomethan kommt im Wesentlichen von der zur Rhönenergie Fulda-Gruppe gehörenden Biothan-Anlage auf dem Finkenberg in der Gemeinde Großenlüder, wo man es aus biogenen Reststoffen erzeugt.

Unter Einbeziehung aller Komponenten und Maßnahmen ergibt sich für das Quartier Löhertor nach vollständiger Fertigstellung ein Primärenergie-Faktor von 0,00. Das bedeutet: Sämtliche Energie zum Heizen und Kühlen ist CO2-neutral und das über die gesamte Lieferkette. Anders ausgedrückt: Dem Gebäudekomplex muss man keine Energie aus fossilen Quellen zuführen.

„Das Gesamtprojekt Energieversorgung Löhertor war in der Umsetzung durchaus sehr herausfordernd“, resümiert Jörg Brandes, Anlagenplaner bei der RES. „Da ist nichts von der Stange und in vielen Details betreten wir Neuland. Doch wir haben die in der Region einmalige Anlage mit der Unterstützung aller am Projekt beteiligten Firmen erfolgreich zum Laufen gebracht.“

In anderen Städten wie Berlin oder Lemgo kommen Abwasser-Großwärmepumpen zum Einsatz.

4.4.2023 | Quelle: Rhönenergie Fulda GmbH | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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