World Energy Outlook 2023: Kippunkt zugunsten der Erneuerbaren

Grafik zeigt Weltkarte und charakteristische Daten für Energiewende in verschiedenen Erdteilen - Auszug aus dem World Energy Outlook der Internationale Energie Agentur.Grafik: IEA / WEO 2023
Der World Energy Outlook trägt Daten und Projektionen aus allen Erdteilen zusammen.
Die Internationale Energie-Agentur IEA stellt heute den neuesten World Energy Outlook (WEO) vor. Das 350 Seiten starke Dokument enthält maßgebliche Analysen Projektionen zur weltweiten Energiewirtschaft.

Wenig überraschend beschreibt die IEA im World Energy Outlook ein Energiesystem für das Jahr 2030, in dem erneuerbare Energien eine deutlich größere Rolle spielen als heute. Eindrucksvoll sind jedoch die in der Projektion für 2030 genannten Zahlen, die sich allein aus der Fortschreibung der aktuellen politischen Vorgaben weltweit ergeben. Erstmals sieht die IEA bereits mit der aktuellen Politik eine Art Kipppunkt zugunsten erneuerbarer Energien in diesem Jahrzehnt.

IEA erwartet Maximum der CO2-Emissionen aus Energieversorgung im Jahr 2025

Die Zahl der E-Autos steigt im Szenario aktueller Politik beinahe um das zehnfache im Vergleich zu heute. Photovoltaik-Anlagen erzeugen mehr Strom als alle heutigen Kraftwerke in den USA. Der Anteil erneuerbarer Energien an der weltweiten Stromerzeugung steigt von heute etwa 30 Prozent auf beinahe 50 Prozent – trotz des steigenden Strombedarfs. Der Absatz von Wärmepumpen und anderen elektrischen Heizsystemen übertrifft weltweit den Verkauf fossiler Brenner. Allein in neue Offshore-Windparks fließt dreimal so viel Geld wie in neue Kohle- und Gaskraftwerke.

Dabei bezieht die IEA in diesem Szenario des World Energy Outlook 2023 ausschließlich „current policies“ ein, also bereits beschlossene politische Rahmenbedingungen. Wenn Länder ihre nationalen Energie- und Klimaziele vollständig und pünktlich erfüllen, wäre der Fortschritt noch schneller. Trotz allem, und auch das ist eine bekannte Botschaft, müssten noch stärkere Maßnahmen getroffen werden, um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten.

Der Boom der erneuerbaren Energien und strukturelle Veränderungen weltweit führen laut den IEA-Analysen dazu, dass die Nachfrage nach Kohle, Öl und Erdgas in diesem Jahrzehnt ihren Peak erreichen. Es ist das erste Mal, das sein solcher Effekt in einem Szenario zu sehen ist, das auf aktueller Politik beruht. Im vorigen Jahr hatten die Projektionen bereits ein Plateau der Emissionen ergeben, wie der Solarserver berichtete.

Der Anteil fossiler Energien am weltweiten Energieverbrauch lag für über Jahrzehnte bei rund 80 Prozent. Laut IEA-Szenario sinkt er bis 2030 auf 73 Prozent. Die CO2-Emissionen aus der Energieversorgung erreichen demnach 2025 ihr Maximum.

„Die Energiewende geschieht weltweit und sie ist nicht aufzuhalten. Die Frage ist nicht „ob“, sondern „wie schnell“ – und je schneller, desto besser ist es für uns alle“, kommentiert IEA-Geschäftsführer Fatih Birol die Ergebnisse. Er fordert Regierungen, Firmen und Investoren auf, sich hinter die Energiewende stellen. Die Behauptung, Öl und Gas seien eine sichere Wahl für die Zukunft sei heute dürftiger als je zuvor.

Für 1,5-Grad-Ziel noch schnellere Energiewende weltweit nötig

Trotz allem sie die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen viel zu hoch, um das in Paris gesetzte Limit von 1,5 Grad Erwärmung einzuhalten. Das gefährdet auch die Funktion des aktuellen Energiesystems, das für eine kühlere Welt mit weniger Wetterextremen entwickelt wurde. Die Temperaturkurve auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen bleibt laut IEA möglich, ist aber sehr schwierig. Die Fortsetzung des heutigen Kurses würde zu einer Erwärmung um 2,4 °C in diesem Jahrhundert führen.

Im WEO-2023 schlägt die IEA eine Strategie vor, die auf fünf Säulen beruht und die auch die Basis für die Klimakonferenz COP28 sein könnte.

  • Verdreifachung der weltweiten Kapazität an erneuerbaren Energien
  • Verdoppelung der Steigerungsrate bei der Energieeffizienz
  • Senkung der Methanemissionen aus der Nutzung fossiler Brennstoffe um 75 %
  • innovative, groß angelegte Finanzierungsmechanismen zur Verdreifachung der Investitionen in saubere Energien in Schwellen- und Entwicklungsländern
  • Sicherstellung eines geordneten Rückgangs der Nutzung fossiler Brennstoffe, einschließlich eines Stopps der Genehmigung neuer Kohlekraftwerke ohne Begrenzungen

“Jedes Land muss seinen eigenen Weg finden, aber die internationale Zusammenarbeit ist entscheidend, um die Energiewende zu beschleunigen“, sagt Birol. Insbesondere die Finanzierung einer nachhaltigen Energieversorgung in den schnell wachsenden Volkswirtschaften sei maßgeblich, um die Emissionen schnell zu senken.

Weitere Knackpunkte: LNG, China und Photovoltaik

Die Photovoltaik wächst von allen erneuerbaren Energien am schnellsten und bleibt bei den aktuellen Projektionen dennoch hinter ihrem Potenzial zurück. Grafik: IEA /WEO 2023

Die IEA schlägt auch einen Bogen zu Geopolitik und Energiekrisen. Sie erinnert daran, dass der Ölschock vor 50 Jahren einst zur Gründung der IEA geführt hatte. Die heutige, erneute Unsicherheit und Energiekrise würden nun Inflation und Kreditkosten in die Höhe treiben. Der WEO 2023 geht aber davon aus, dass sich die Energiemärkte in einigen Jahren entspannen werden. Beim Erdgas würden ab 2025 in beispielloser Menge LNG-Terminals in Betrieb gehen. Das berge wiederum die Gefahr, dass die Knappheit in ein Überangebot umschlage.

Ein weiterer Faktor für die weltweiten Energietrends ist laut IEA die Entwicklung in China. Der WEO-2023 geht davon aus, dass dem Land ein langsameres Wachstum und ein Strukturwandel in der Wirtschaft bevorsteht. Bereits in der Mitte des aktuellen Jahrzehnts werde die Energiefrage Chinas daher ihr Maximum erreichen. Das starke Wachstum der sauberen Energien werde zugleich den Bedarf fossiler Brennstoffe und damit die Emissionen in China senken.

Außerdem befasst sich der WEO 2023 mit dem Potenzial der Photovoltaik, in diesem Jahrzehnt noch schneller zu wachsen. Bei der Fortschreibung aktueller Politik würden erneuerbare Energien im jahr 2030 rund 80 Prozent der neuen Kraftwerksleistung ausmachen, die Hälfte davon – also 40 % – entfielen auf die Photovoltaik. Dennoch sei das nur ein Bruchteil dessen, was die Solarenergie leisten könnte. Die Fertigungskapazität läge Ende des Jahrzehnts bei über 1.200 GW Photovoltaik-Modulen, doch der projizierte Zubau an neuen PV-Anlagen bei lediglich 500 GW. Würde man um das Jahr 2030 den Zubau auf 800 GW jährlich steigern, würde das die Stromerzeugung aus fossilen Energien deutlich senken. Spezifisch nennt die IEA eine um 20 Prozent geringere Kohelverstromung in China sowie ein Viertel weniger Strom aus Kohle und Erdgas in Lateinamerika, Südostasien und dem Mittleren Osten.

Zum aktuellen World Energy Outlook 2023 geht es hier.

24.10.2023 | Quelle: IEA | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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